Selection 2013
Nützliche Unterscheidungen pt. 20 (The Instant Gratification Edition)
Eine weitere besonders nützliche Unterscheidung (und kleiner Nachtrag zur Effort Edition) ist ganz sicherlich die Unterscheidung: wie wenig oder viel unmittelbare Intensität erzeuge ich denn mit meinem Verhalten auf den jeweils möglichen Plattformen?
und als allgemeine Formel kann man hier sicherlich sagen: Plattformen mit mehr instant gratification (wie views, likes, etc.) verdrängen vergleichbare Plattformen mit weniger davon. Und ab einem gewissen Schwellenwerten an unmittelbarer Intensität werden andere mögliche Unterscheidungen (privacy, ownership, usw.) irrelevant.
(das nicht zu sehen oder zu verstehen ist und bleibt übrigens der grösste verhinderer für die evolution vom offenen web, weil die entwicklungen oft in richtung ‘hier. nicht so intensiv aber offen’ geht und sie sich dann wundern, warum das niemanden interessiert)
(abt: draw the distinction!)
Nützliche Unterscheidungen pt. 19 (The Effort Edition)
Eine weitere besonders nützliche Unterscheidung ist ganz sicherlich die Unterscheidung: wie viel Aufwand erfordert denn die Produktion bzw. die Rezeption von Datentypen im jeweils konkreten Fall als soziales Objekt einer Plattform?
(man könnte die aufwände sicher noch weiter differenzieren in zeit-aufwand, geld-aufwand, konzentrations-aufwand, etc., aber mit ‘aufwand’ alleine ist es auch schon recht nützlich differenziert)
((der aufwand für produzenten und konsumenten korrespondiert oft, aber bei weitem nicht immer. die konsequenzen davon müsste man mal durchdenken, zumal recht interessante konstellationen dadurch entstehen, dass konsumenten primär auf ebene ihres eigenen aufwands vergleichen aber produzenten ihren aufwand primär auf ebene des erwartbaren erfolges ‘kalkulieren’))
Diese Unterscheidung ist natürlich ziemlich offensichtlich, interessanterweise wird sie bei der ‘Bewertung’ von Plattformen und Trends aber selten berücksichtigt. Dabei kann schon eine kleine Reduktion des Aufwands Platzhirsche ersetzen (man denke an instagram vs. flickr; der aufwand für die produzenten ging bei instagram plötzlich gegen den klick null, da ja anders als bei flickr auch der ‘anspruch’ der plattform an die fotos im schnappschuss und nicht in der bildkomposition und einer diskussion über die gewählte linse besteht).
als allgemeine Formel gilt: je kleiner der Aufwand für Produzenten, desto mehr produzieren sie davon. Ein Tweet geht schneller als ein Roman mit 1000 Seiten, also gibt es mehr Tweets. Und je kleiner der Aufwand für Rezipienten, desto mehr konsumieren sie davon. Die meisten lesen mehr Tweets als Romane von Thomas Pynchon.
(das problem, wenn man so will, dabei ist natürlich, dass mit jedem übergang zu was noch unaufwändigerem, auch der potentielle ‘wert’ oder ‘inhalt’ oder die ‘mögliche komplexität’ der vorigen formation verringert wird und also immer mehr immer schneller immer wertloseres zeug zirkuliert; aber darüber jammern nützt halt nix, und es gibt natürlich auch für aufwändigere produktionen neue sweet spots im sich ausdifferenzierenden milieu, man denke an die populären kanäle auf youtube, die fast alle schon zumindest wieder semiprofessionell produziert sind. trotzdem ist das für die ‘incumbents’ immer eine blöde situation, weil sie vor dem dilemma stehen, entweder den schritt nach ‘unten’ mitzugehen und sich dabei auflösen oder verlieren könnten, oder starr zu bleiben und zu riskieren vom neuling in 5 jahren für ein butterbrot übernommen zu werden, wenn es ihnen nicht gelingt, ihren wertvorschlag unter den neuen bedingungen zu restabilisieren (was aber in vielen fällen möglich sein sollte, wenn sie offen genug bleiben))
(abt: draw the distinction!)
Papierkorb pt. 21
(kontextlose – oder eig. nicht kontextlose aber hier nicht konkreter kontextualisierte – randbemerkung: es gibt zwei grundsätzliche fehler, die von den meisten bewertungen der angeblichen indifferenz der bevölkerungen ob der überwachung und/oder der netzpolitik im allgemeinen gemacht werden: (a) aus der abwesenheit kollektiver tangibler reaktionen wird der (falsche) schluss gezogen, dass privacy nicht wichtig genommen wird, dass die vollständige überwachung niemanden wirklich juckt, dass netzpolitik kein thema ist, etc. (die piraten ziehen trotz vogelstraußtaktik ob snowden und trotz offensichtlicher internetplanlosigkeit der regierung nicht mit wehenden fahnen in den bundestag – also ist netzpolitik bei den menschen kein thema; die leute migrieren nicht in scharen von facebook zu diaspora – also ist ihnen egal, dass amerikanische konzerne ihre daten sammeln und sicherlich dann auch verkaufen; die leute verwenden immer noch handys obwohl alle verbindungsdaten gesammelt und ausgewertet werden – also ist ihnen der überwachungsglobus egal, usw.). dabei wird aber übersehen, dass verschiedene dinge verglichen werden und dass mit einer etwaigen verhaltensänderung üblicherweise riesige reale kosten anfallen würden. die vorhandene alternative zur cdu ist ja nicht eine netzpolitisch informierte und ihr programm dementsprechend ausrichtende cdu, sondern sich selbst dekonstruierende und in erster linie mit methodischen und anderen internen grabenkämpfen beschäftigende piraten. das einzige was man aus dem wahlergebnis ableiten kann ist also nur, dass für die meisten menschen netzpolitik (noch) nicht das die eigene wahl entscheidende thema ist, nicht dass sie kein thema ist. die vorhandene alternative zu facebook, twitter & co. ist ja nicht ein ansonsten äquivalentes datenschutz- und privacytechnisch korrekteres facebook, twitter & co., sondern ein dann quasi selbstgewähltes exil wie diaspora oder app.net oder der völlige verzicht auf diese art der kommunikation mit seinen bekannten und verwandten. das einzige was man aus dem freudigen verbleiben bei facebook, twitter & co. ableiten kann ist also nur, dass für die benutzer der dienst unter berücksichtigung der privacy-kosten mehr wert erzeugt als alle bekannten alternativen oder der totale verzicht auf selbstausdruck und kommunikation. (b) in ermangelung präziserer begriffe wird ‘privacy’ für gänzlich unterschiedliche sachverhalte und gänzlich unterschiedliche individuelle dispositionen benutzt. einmal benutzt wird die diagnose ‘privacy’ dramatisch maximal aufgeladen, der zugrunde liegende sachverhalt aber vergessen. vor cookies, die im schlimmsten fall dazu dienen, dem benutzer werbung aufzutischen, die ihn vl. wirklich interessiert, oder vor fotos von hausfassaden werden wir in der folge mit der gleichen (wenn nicht mit mehr) verve beschützt, wie vor der sammelung aller digitaler spuren aller durch sich immer paranoider ausdifferenzierende geheimdienste. ein effekt davon ist, dass der begriff selbst abstumpft. wer immer feuer schreit, dem glaubt man irgendwann auch dann nicht mehr, wenn es mal wirklich brennt. gleichzeitig sollen mit ‘privacy’ bereiche behandelt werden, die damit nicht mehr adäquat behandelt werden können. (post-privacy versucht das glaub ich teilweise zu thematisieren, das problem mit dem begriff post-privacy ist aber, dass er eine art überwindung oder ein weiter suggeriert, während es sich aber nur um eine in gewissen szenarien (für gewisse leute mit gewissen dispositionen, nicht immer für alle) einfach nicht zutreffende oder relevante unterscheidung handelt))
Lazy Blog Ep. 35
(blogpost über DAS fundamentale dilemma im derzeitigen web: den umstand, dass bei bewertungen von – gesellschaftlichen und persönlichen – problemen, die durch vernetzung und neue technologien oft tatsächlich real neu entstehen, die schuld dann im grunde immer an der technologie festgemacht wird und im grunde nie am verhalten; ein großteil der kognitiven dissonanz der gesellschaft wird dadurch getriggert, dass versucht wird, das bewährte bisherige verhalten in einer neuen konstellationen und gegen deren neue funktionslogik aufrechtzuerhalten und (oft mit politischem, rechtlichem oder moralischem zwang) durchzusetzen, während schon offensichtlichste verhaltenstechnische anpassungen die probleme auflösen würden.
((nur am rande: natürlich ist eine verhaltensänderung leichter gesagt (wenn du abnehmen willst, dann mach mehr sport und friss die hälfte) als getan (mehr sport machen, die hälfte essen). es geht also um die disposition, wo man das problem lokalisiert und dann also interveniert. noch mehr am rande und um gleich mal die pace layers anzuwenden: technologische verschiebungen finden üblicherweise unter den eigenen füssen statt, der kampf dagegen ist also meistens ohnehin aussichtslos. was natürlich auch nicht bedeutet, dass man gleich alles technofatalistisch sehen muss))
bonuspunkte wie nochmal immer für konkrete fallstudien und sternchen für eine umfassende typologie)
Papierkorb pt. 11
(nicht ganz kontextlose randbemerkung: was google mit dem aus für den google reader wohl auch übersehen hat, sind die damit verbundenen kosten im system der informellen ökonomie. google ist ja nicht nur als eines der ganz wenigen unternehmen in der glücklichen lage, dass für sie potentiell alles wert erzeugen kann – siehe dazu etwa querfinanz -, sondern sie sind auch in der wirklich günstigen position, nicht jedes quäntchen wert monetarisieren zu müssen, sondern auch ohne hintergedanken (strategische anhäufung von symbolischem kapital, einer ‘schuld’, etc.) verschenken zu können. es ist aber ganz einfach so, dass man den erhaltenen wert natürlich irgendwo im hinterkopf registriert, und je weniger man dazu gedrängt wird, desto größer wird die bereitschaft, das an anderer stelle nach eigenen möglichkeiten zurückzugeben, nicht als ausgleich, sondern weil man will.
((nur am rande: aus diesem grund bekomme ich immer gänsehaut, wenn leute wegen ‘free ridern’ vor dem mund zu schäumen beginnen und das mit technologischen (paywall), legalen (lsr), psychologischen (schuldgefühl) und anderen mitteln vereiteln wollen; in dem moment, in dem sich der besucher als zu melkendes produkt behandelt empfindet, verschwindet nicht nur jede sympathie, empathie und diese sozial/informelle default-ökonomie, sondern es wird sofort ein spiel daraus gemacht, so viel wie möglich für so wenig wie möglich zu bekommen.))
und der wert vom google reader für die benutzer darf nicht unterschätzt werden. milchmädchenrechnung: sagen wir der reader hatte 20 mio aktive benutzer und der durchschnittlich empfundene nutzen liegt bei 50$ im jahr. mit dem ende des readers verpufft google die chance, mit minimalen betriebskosten jedes jahr eine milliarde $ wert zu erzeugen und zu verschenken (der sich wie oben angedeutet ja trotzdem irgendwo in irgendeiner form manifestiert). und ihre ‘unschuld’ haben sie damit gwm. für immer verloren, die kundenbeziehung ist jetzt etabliert, auch wenn es weiterhin ‘geschenke’ gibt. die effekte wird google nicht sofort zu spüren bekommen und sie haben wohl auch noch einen guten polster. aber es entstehen löcher und irgendwann beginnt die perkolation und dann werden sie blöd schauen)
Papierkorb pt. 9
Thank you for using Google Buzz.
(kontextlose randbemerkung: hab gerade mein google buzz archiv gelöscht, siehe die email von google, die wohl jeder bekommen hat, und mich davor jedenfalls noch ein bisschen zurückgebuzzt, und das seltsame aha-erlebnis dabei war, dass wirklich fast nichts, was im jeweiligen moment als das bedeutsamste, katastrophalste, revolutionärste, etc. wahrgenommen wurde, einige tage oder wochen, geschweige denn zwei jahre später auch nur irgendeine bedeutung hat, die über einen zufluss zum hauptstrom hinausgeht. einen gewissen bleibenden narrativen wert haben nur klein- und microerzählungen)
Lazy Blog Ep. 29
(blogpost über DAS fundamentale dilemma im derzeitigen web: den umstand, dass grosse teile des diskurses über das web moralisch sind und aus dem blickwinkel einer durch das web vermittelten asymptotischen utopie oder dystopie formuliert werden, die beide natürlich als gedanklicher horizont durchaus nützlich sind, aber den blick auf die 98,2% im sonstigen alltag stattfindenden aktivitäten bis hin zum unbrauchbaren verzerren. erlösung oder apokalypse, entscheide dich jetzt.)
((nur am rande: ich versteh meistens überhaupt nicht, über was eigentlich gestritten wird. ja, natürlich eröffnet das internet eine utopische dimension an freiheit, offenheit, demokratie, zugang zu kultur und wissen und bildung, auf ein bündel an produktions-, rezeptions- u. distributionsbedingungen, das wir in der geschichte der menscheit so noch nie auch nur erträumen konnten. wenn alles, was denk- und machbar ist, und alles, was bisher kulturell überlieferterweise gedacht und gemacht worden ist, in einem einzigen, gleichzeitigen netz verschaltet wird, dann liegen uns viele steine und einschränkungen, die uns bisher strukturell von einigen dingen abgehalten haben, nicht mehr im weg. gleichzeitig bedeuten neue möglichkeiten und möglichkeitsräume alleine noch überhaupt nichts, sie müssen auch genutzt und ausgefüllt werden und es gibt auch kämpferische gegenkräfte. und ja, natürlich eröffnet das internet eine dystopische dimension an überwachung, kontrolle, staatlicher zensur auf der einen, privatisierung von wissen auf der anderen seite, manipulation von öffentlichkeit, etc. die verschiedenen komplexe (massenmedial, politisch, militärisch, industriell, biotech, etc.) und der finanzsektor arbeiten da symbiotisch zusammen, um auch weiterhin geld und macht bei sich zu konzentrieren. und auch dagegen gibt es zum glück kämpferische gegenkräfte bzw. eben ein in den möglichkeiten angelegtes gegenkraftspotential.))
(((und nur zur sicherheit: beide dimensionen verdienten eine gründliche analyse, aber genau die findet ja wegen dem dauerrauschen auf dem negativen horizont nicht statt; und eine mögliche handlungsfähigkeit ist natürlich überhaupt ein ganz anderes blatt. bonuspunkte wie immer für konkrete fallstudien und sternchen für eine umfassende typologie)))
The Google Supposed To Know
kleine randbemerkung: die grosse phantasie von google seit einigen jahren ist deklarierterweise, den menschen zu einem konkreten zeitpunkt an einem konkreten ort genau die information zu liefern, die man wissen möchte oder die man braucht, oder das perfekte produkt (track, film, buch, restaurant, gericht, etctrara) vorzuschlagen, das man idealsterweise kaufen oder rezipieren möchte. look, buy one get one free. google will sozusagen der ideale und allwissende butler sein, der das leben aller in ein einziges schlaraffenland verwandelt. und dieses glückliche leben dokumentiert man dann auf g+, das erkennt ja jetzt auch eigenständig die fotos auf denen alle lachen.
die genuin falsche grundannahme ist, dass es dieses im moment ‘richtige’ gibt und man es nur auf basis der daten ausrechnen muß, daten hat google ja im idealfall wohl genug, es kennt den ort, es kennt die zeit, es kennt die gesamte vorgeschichte, alle bisherigen suchen, käufe, mahlzeiten, treffen, alle kontakte, die gesamte kommunikation, usw., da kann das dann wohl nicht so schwer sein. aber genau das ist der fehler. dieses ‘richtige’ gibt es nicht vorab, sondern nur retrospektiv. bei allem was den funken eines persönlichen werts hat, spielt das begehren eine viel grössere rolle als die summe aller neutralen sachverhalte. man kann glaub ich fast sagen, dass alles, was uns eine suchmaschine vorschlagen kann, per definitionem ‘wertlos’ wird und das begehren verscheucht. das begehren kommt immer nur von der seite, von der wir es nicht erwarten oder sehen können. google will also wohin, wohin es – zumindest für moderat komplexe lebewesen – nicht kann.
Papierkorb pt. 6
(kontextlose randbemerkung: ein persönliches system – wie etwa ein schreibsystem, eine lesesystem, etc. – muss nicht darauf optimiert werden, alles überall immer in echtzeit machen zu können. in der tat kann sich das sogar als äusserst kontraproduktiv erweisen und die entwicklung negativ beeinflussen. kleine einschränkungen oder angepasstes verhalten ermöglichen oft deutlich einfachere workflows und autonomere systeme, workarounds und kleine hacks decken den rest meistens ausreichend ab)
Papierkorb pt. 4
(kontextlose randbemerkung: immer wollen die leute wissen: was ist der point von irgendwas? aber die frage ist in ihrer wurzel falsch, egal ob sie aus einer position der ignoranz oder der neugierde heraus gestellt wird (meistens ist es eine position der ignoranz, aber wie gesagt, auch aus der position der neugierde heraus ist sie unfruchtbar). dinge wie webanwendungen haben keinen ihnen inhärenten point, der sie dann in ihrem wesen erfasst und beschreibt und den man dann für sich akzeptieren kann oder nicht, ne, nix für mich. dinge öffnen einen möglichkeitsraum für eben alle ihre möglichen möglichkeiten, potentialitäten und eben auch punkte, wobei diese möglichkeiten, potentialitäten und punkte halt so lange virtuell sind, so lange sie nicht realisiert werden, wobei die konkreten realisierung dann wiederum den möglichkeitsraum restrukturieren)
Lazy Blog Ep. 24
(blogpost über DAS fundamentale dilemma im derzeitigen web: den umstand, dass sich das web – anders als andere gesellschaftliche subsysteme wie musik, film, tv, literatur, mode, überhaupt der komplex jugendkultur, etc. – nur ungenügend über kulturelle genres und subgenres ausdifferenziert, sondern dazu tendiert, jedwede ‘kultur’ so schnell wie möglich auszubügeln und als konsequenz eher bei den extremen ozean resp. wüste landet, was in der folge natürlich die qualität und vielfalt der kulturellen blüten und deren effekte stark beeinträchtigt, weil vor allem das experimentieren für das richtige drucklevel und das etablieren von geeigneten milieus, die für das richtige mischungsverhältnis aus konzentration, feedback, motivation und eigensinn aber auch für eine gewisse zeitliche stabilität sorgen können, anscheinend nur in kleineren einheiten wie der posse, dem corner, der gang, der schule, vl. dem genre möglich ist, das web aber meistens einen nicht mehr bewältigbaren überschuß produziert)
((natürlich sehen wir immer wieder ‘kultur’, oft aber nur als sternschnuppe und übergangsphänomen bis es von der socmed-crowd entdeckt und neutralisiert wird; aber es gibt auch gallische dörfer, man denke an ask metafilter oder auf postmoderne art 4chan oder die heise foren. hier ist sicher auch g+ interessant, dessen kultur besteht gwm. in der genuinen kulturlosigkeit selbst, was überhaupt das aktuelle paradigma zu sein scheint. bonuspunkte wie immer für konkrete fallstudien und sternchen für eine umfassende typologie und genealogie))
Lazy Blog Ep. 23
(blogpost über DAS fundamentale dilemma nicht nur im web: den umstand, dass die ausdifferenzierung der gesellschaftlichen subsysteme zunehmend einer logik der netzwerke folgt, sich die regulations-, integrations-, sanktions-, usw. mechanismen daran aber noch nicht entsprechend angepasst haben und das nicht länger behandeln können und immer öfter total überfordert sind)
((ein gewisser grad an zunehmender vernetzung war immer schon koevolutiver teil der modernisierung und technologischen entwicklung, aber noch um die jahrtausendwende konnte man das gwm. in einer monographie festhalten, man denke etwa an manuel castells’ die netzwerkgesellschaft, wo er wirtschaft, arbeit, medien, transport, technik und (int.) politik behandelt hat, aber alles eben noch beschreibbar war, sich diese logik aber seitdem zu verselbstständigen scheint. ich wär mir nicht sicher, ob wir schon an dem tipping point angekommen sind, an dem das wirklich turbulent wird, gefühlsmässig eher nicht. diese netzwerkeffekte selbst sind jedenfalls dabei zwar beachtlich (man denke an die ins immer absurdere abtriftenden unterschiede in den vermögensverhältnissen), aber nicht verwunderlich, die mathematischen modelle und prinzipien dahinter sind schon länger bekannt. ein in jedem fall von der gesellschaft zu behandelnder netzwerkeffekt ist, dass ‘gewinne’ in keiner relation mehr zu einer eigenen ‘leistung’ stehen, sondern eben nur effekte innerhalb einer statistischen verteilung sind.))
(((ein interessantes phänomen am rande wäre, dass sich teilweise die organisationen, die bestimmte probleme lösen sollten, nicht mehr nur aus selbsterhaltung diese probleme aufrecht erhalten (wie es shirky beschrieben hat), sondern selbst zum eigentlichen problem werden, etwa eine politik, die gesellschaftliche probleme nicht löst, sondern selbst für die gesellschaft ein problem wird (wenn sie etwa alles privatisieren oder bürokratisieren will wie aktuell die EU mit diesem von den bürgern soweit ich sehe unisono nicht nachvollziehbaren plan zur vereinheitlichung von saatgut) oder journalisten und schriftsteller, die nicht länger informationen verdichten und wissen erzeugen und zur zirkulation freigeben, sondern selbst die wehementesten verhinderer ebendieser zirkulation und anschlusskommunikation sind oder google, das dabei ist, sich ins molare gegenteil seiner molekularen jugendjahre zu verwandeln, oder banken oder oder oder. bonuspunkte wie immer für konkrete fallstudien und sternchen für eine umfassende typologie)))
Papierkorb pt. 2
was ist denn #letsdance, ein dancing with the stars klon? (wobei ich nur einen der promis kenne, insofern ist der name eh gut gewählt)
— Markus Spath (@hackr) April 5, 2013
(kontextlose randbemerkung (hab ich als kommentar zu einem eigentlich als witz gemeinten tweet begonnen, also let’s dance als dancing with the stars klon, weil ich da gerade LD das erste mal gesehen habe und von DWTS davor nur gehört, und dann hab ich auf yt gesehen, dass LD ja tatsächlich die 1:1 reproduzierte deutsche ausgabe von DWTS ist, und dann hab ich mir ein paar folgen von DWTS zum vergleich angeschaut, weil es ja nicht so oft vorkommt, dass man dinge auf so vergleichbarem playing field mit tatsächlich frischem blick betrachten kann, zumal ja sogar die abcd-listigkeit der prominenten und die mischung der juroren exakt emuliert wurde und ich in beiden bündeln jeweils nur einen kannte (LD sag ich nicht, ist mir doch zu peinlich, DWTS den jakobi jones wegen seines touchdown returns beim super bowl), usw. aber irgendwie driftete das dann von meiner ursprünglichen assoziationsfrage ‘was startups aus den unterschieden lernen könnten’ ab; hier bevor ich es jetzt beim ausmisten lösche zumindest zwei punkte))
extrem auffallend ist, dass das publikum bei DWTS ein sehr granulares repertoire an feedback für tänze hat, während das publikum bei LD deutlich weniger stufen kennt und dabei auch kein gespür für den wert der leistung zu haben scheint. ich glaube nicht, dass die einzelnen zuschauer hier weniger vom tanzen verstehen als dort, ich glaube eher, dass die möglichkeit zur ausdifferenzierung ein sozialer effekt ist, der hier nur zwei stufen (wir patschen mit oder nicht) und dort eben ein differenzierteres vokabular hat, das durch gegenseitige beobachtung und ansteckung eine soziale bewertung generiert. (und nur am rande: so übertrieben das klingt: dieses fehlen von einem sozialen sensorium ist der eigentliche death blow für deutsche startups.) auch auffallend ist, dass die aufführungen bei DWTS primär ergebnisorientiert konzipiert und der lernprozess deshalb produktorientiert gestaltet wird während die aufführungen bei LD primär prüfungsorientiert konzipert sind und die beurteilung des eigenen werts vor allem an ein eigenes bemühen geknüpft wird. teilweise vermitteln die kandidaten dabei eine lust wie beim besuch beim zahnarzt und sie danach froh sind, weil es ja eh nicht so schlimm war und man verspricht, sich weiter und noch mehr zu bemühen und betont, wie sehr man es will. auf der einen seite sehen wir also sich von innen ausfüllende falten der möglichkeitsräume und ein spielerisches pushen an die eigenen grenzen, auf der anderen eine serie der selbstdisziplinierung und einem grundgefühl der dauernden überfordertheit. es gäbe noch einige andere interessante aspekte, die zentralität des prozesses des castings und die unterschiede in der sportlichkeit (während der prätext bei DWTS immer das gewinnen wollen ist, so wird bei den letzten zwei pärchen das ausscheiden des einen vom anderen immer mit einem oh und bedauernder umarmung begleitet, während etwa jürgen bei LD in einen jubel ausbricht, weil er gegen eine ohnehin verletzte und humpelnde ältere dame gewinnt, der nur noch von stephan raab übertroffen wird, wenn er gerade dem kandidaten die million vor der nase weggeschnappt hat, usw.), vl. dazu bei gelegenheit mehr, jetzt aber im trash.
Die Untergeher
relevanzdebattieren ist das neue metabloggen.
— Markus Spath (@hackr) March 24, 2013
sehr seltsam ist ja dieses wundenlecken, das nicht wenige deutsche techblogger erfasst hat, u.a.
- Unsere Mütter, unsere Fehler (sascha lobo: ‘versagen der netzgemeinde’, ‘versagen der vereine’, ‘versagen der parteien’, ‘versagen der blogs’, ‘versagen der unternehmen’, ‘versagen der vernetzung’)
- Die Netzgemeinde muss sich ihre Konflikte besser aussuchen (link tot, martin weigert: ‘netzgemeinde’, ‘niederlage’, ‘konflikte besser aussuchen’, ‘kräfte bündeln’, …)
- Ich habe vergessen wo vorn ist (mspro: ‘netzgemeinde’ zynisch (haben wir verdient), technodystopische sinnkrise, was tun?)
- und viele mehr.
das problem dabei:
(1) dieser unsägliche begriff einer netzgemeinde, der ansonsten immer abgelehnt wird, zumindest wenn er von irgendwelchen journalisten kommt, wird damit nicht nur legitimiert, sondern fast schon als diskursiver zentralbegriff festbetoniert.
(2) das unsägliche attribut ‘selbsternannt’, das eigentlich grundsätzlich abzulehnen ist und immer, wenn es von irgendwelchen journalisten kommt, wird damit nicht nur legitimiert, sondern tatsächlich zutreffend.
(3) das ‘anerkennen einer niederlage’, eines versagens, etc. macht die ganze sache erst zu einer niederlage, einem versagen, etc.
plötzlich haben wir also tatsächlich eine selbsternannte netzgemeinde, die armseligst verloren hat. na super.
—
kleine nebenbemerkung: vor kurzem hab ich mich darüber gewundert, warum es in deutschland einen so guten pop-diskurs und so schwachen web-diskurs gibt
eigenartig, dass es in deutschland doch einen so starken pop-diskurs gibt, aber nur so einen im guten fall verzettelten und im normalfall vertrottelten web-diskurs; interessanterweise scheint gerade die politische aufladung dem pop-diskurs sehr gut aber dem web-diskurs sehr schlecht zu tun
(nts: mich öfter selbst zitieren)
mit der vermutung politische aufladung als grund hatte ich vl. sogar recht und an den aktuellen vorgängen sieht man ggf. warum:
der pop-diskurs hat die politische aufladung auf der ebene der zeichen und des diskurses selbst betrieben und politik in den praktiken des pops / der kunst selbst konzipiert. die form selbst (von macro – etwa explizit im punk oder wasweissich – bis micro – etwa das erfassen eines gesellschaftlichen snapshots durch samplen das essentiellen breaks eines tracks gwm. als zeitlose monade) war das politische medium, die arbeit in und an der form das politische handeln.
die nun selbsternannte netzgemeinde andererseits will realpolitisch wirksam sein, ohne dementsprechend zu agieren oder auch nur ansatzweise die strukturellen voraussetzungen dafür vorzufinden. ich vermute die möglichkeit der illusion einfach mal so wirksam zu sein basiert auf der selbstüberschätzung, die dadurch getriggert wurde (und andauernd getriggert wird), dass man emergente (netzwerk)effekte des webs einer eigenen leistung, sei es von einem selbst oder von einer gruppe, zugeschrieben hat (nur als analogie: man kennt das gefühl beim arabischen frühling nicht nur via twitter selbst dabeigesen zu sein, sondern sogar ein bisschen mitgemacht wenn nicht durch eigene retweets sogar mitverantwortet zu haben; anderes beispiel: der ursprüngliche erfolg der piraten basierte nicht auf einer konzeptionellen eigenleistung, sondern war das ergebnis einer kollektiven unzufriedenheit, in einer situation bei der alle anderen alternativen einfach noch schlechter waren und man mal ein zeichen setzen wollte; mspro (siehe oben) hat das zwar erkannt (die videoblogger, die anonymous maskierten, …), allerdings sind es bei ihm noch immer (zu mobilisierende) massen).
Gemeingefährlich
ach google. aber eine frage bleibt beim google reader desaster:
was ist wirklich kaputt gegangen?
die offizielle antwort heisst natürlich ‘das vertrauen, das vertrauen ist kaputt gegangen!’ usw. aber ich glaube, es ist etwas anderes. google hat – wie viele andere auch – bereits viel zu viele andere dienste gekillt, ohne dass wir kollektiv dieses gefühl der irritation mit google hatten. insgesamt haben wir uns mittlerweile wohl an den umstand gewöhnt, dass wir auf jedem webdienst zu jedem zeitpunkt nach reiner willkür rausgeschmissen werden können, unsere sachen packen und weiterziehen müssen, siehe dazu die überlegungen zum favela chic von bruce sterling oder auch auch postpreposterous. und im vergleich zu vielen anderen schliessungen ist das ende vom google reader ja tatsächlich kein datentechnisches problem bei dem wir jahre an arbeit und inhalten verlieren, wir exportieren einfach unser opml-file und importieren es woanders und gut ists.
was, glaub ich, kaputt gegangen ist, ist die möglichkeit an eine ethik von google zu glauben. daran zu glauben, dass google einer der ‘guten’ und keiner der gemeinen (wie facebook, microsoft, apple und twitter) ist. google hat ethisch begonnen und diese ethik war tatsächlich die bedingung der möglichkeit für ihren erfolg (alle megalosaurischen portale wollten nur eines: die eyeballs der besucher auf dem eigenen property behalten und melken; google hat in einem paradigmenwechsel die suchenden zur besten externen seite weggeschickt; noch heute ist es etwa für verlage einfach ein ding der undenkbarkeit, für die leser das beste zu tun, deshalb sind sie ja in einem zustand der dauerirritation durch google). und bei allem was danach kam war es bis zu diesem zeitpunkt immer möglich, die von google gemachten fehler, flops, facepalms und fails einfach auf dummheit oder profane unfähigkeit zurückzuführen. google ist halt ein sozialer doofus, eine geschmackstechnische dumpfbacke, hat halt einen facebook-komplex, der gelegentlich irrationale und erratisch reaktionen triggert, hat kein sensorium für soziale objekte, usw., schwamm drüber (für eine lange kritik aus diesem blickwinkel siehe googleheimer). auch wenn google seit einigen jahren vl. nicht länger als ‘subject supposed to know’ betrachtet werden konnte, es blieb das einzige megaunternehmen, bei dem man nicht vom bösen (im sinne von: spieltheoretisch versierte buchhalter, deren ziel das gewinnen und akkumulieren von wert ist, was natürlich trotzdem tollste produkte und viel wert für alle erzeugen kann, bestes beispiel apple) ausgehen musste.
diese möglichkeit zu glauben hat uns google mit der vernichtung des google readers nun genommen. und zwar deshalb, weil es keine andere mögliche erklärung als vorsätzliche und rücksichtslose bösartigkeit gibt, die die interessen der benutzer unter irgendwelche fünfjahrespläne+ stellt. viele dinge lassen sich durch umstände erklären oder zumindest relativieren, aber in diesem fall ist der einzige umstand, dass sie auf geschätzte 5-10 millionen benutzer schlicht und einfach scheissen, weil das in ihren büchern eine fussnote ist und weil das einer anderen agenda ((a) – wir bauen mit g+ unser eigenes schwarzes loch, (b) – für den rest sind eyeballs für raufpappbare werbung doch nicht schlecht, gelesenes muss wieder page impression werden, da ist noch einiges drin) entgegenläuft, auch wenn es die allerengsten benutzer mit der allergrössten bindung sind, was google natürlich weiss. ein an sich durchaus kleines ereignis hat also eine phantasie zerstört und eine (ich will nicht sagen mütterliche, aber viele user hingen beim reader wie am tropf) bindung einfach so aufgelöst. google hat sich gemein gemacht und sich neben allen anderen eingereiht. google ist nicht länger der imaginierte nordstern, an dem man sich ausrichten kann, sondern nur noch ein (mächtiger aber nicht besonders heller) spielstein in einem relationalen spiel (das sie selbst als nullsummenspiel spielen, obwohl es natürlich keines ist). und wir müssen das zur kenntnis nehmen und können das investment in unseren bisherigen glauben abschreiben, deshalb fühlen wir uns so beleidigt.
(es geht natürlich nur um die möglichkeit zu glauben, innerhalb von google selbst hat sich die ursprüngliche ethik wohl schon eine weile zerfastert und zersetzt, das leitbild g+ und indirekt also facebook hat den verbliebenen rest dann ausgeräuchert)
was die betroffenen user mit dieser säkularisierung machen, liegt jetzt dafür in ihrer hand. aber es muss nicht nur schlecht sein und neben dem zynismus (siehe nochmal postpreposterous) stehen natürlich auch andere serien (webaufklärung, postwebismus, neopragmatismus, etc.) zur verfügung.
—
aus der serie: Reader—
Döödel
Google will also den Google Reader killen …
Ich spare mir den Rant, ich hab echt keine Lust mich da hineinzusteigern, was ich wohl würde, wenn ich darüber nachdächte, siehe Googleheimer, aber trotzdem zwei Anmerkungen:
(1) Es ist schlecht für das Web
Das Ende vom Google Reader ist nicht deshalb so schlecht, weil es keine Alternativen gibt. Die gibt es. Das Ende vom Google Reader ist deshalb schlecht, weil er die Default-Anwendung für die Technik Lesen von Feeds ist.
Defaults sind deshalb so wichtig, weil sie keiner Erklärung bedürfen und gwm. eine solide Basis für ein Feld/einen Bereich/ein Thema bereitstellen. Sie müssen nicht das beste Tools sein und oft gibt es für spezifischere Anwenderbedürfnisse bessere Tools, aber sie sind die Tools, die man gedankenlos verwenden kann und bei denen man wissen muss, warum man sie nicht verwendet, wenn man ein alternatives Tool verwendet. Und es sind die Tools, die man Newbies bedenkenlos empfehlen kann, ohne sie mit einer Auswahl zu überfordern, die für sie unmöglich ist, weil sie ja noch nicht die Kriterien für das Auswählen kennen, die ergeben sich ja erst durch die Benutzung.
Defaults sind auch deshalb so wichtig, weil sie die Koppelung von Systemen ermöglichen. Nimmt man das Default raus, dann zerfällt oft das ganze Gewebe. Man denke an Delicious: Delicious war die Default-App fürs Bookmarking. Hätte Yahoo nicht Delicious an die Wand gefahren, dann würde es heute in jeder iOS-App neben dem ‘Tweet This’ einen ‘Save at Delicious’ Button geben. Stattdessen streiten sich alle anderen darum und im Ergebnis integrieren nun einige wenige Apps Instapaper und Bookmarking hat sich ansonsten insgesamt fast erübrigt. Defaults wachsen also nicht automagisch nach, manchmal zerfällt auch die Struktur.
Mit dem Ende vom Google Reader verliert der Komplex Feeds, der ohnehin schon in einer Art Krise steckt, sein Default und es ist leider kein anderes in Sicht.
(2) Es ist armselig von Google und es zeigt ihren wahren Charakter
Aufräumen zu wollen ist ein verständliches Motiv. Google ist tatsächlich zehn Jahre lang rhizomatisch in die verschiedensten Richtungen gewuchert. Aber dann ausgerechnet eines der ganz wenigen Produkte einzustellen, das wirklich sinnvoll und gut ist und das auch seine Fans hat, während sie daneben einen obstrusen Facepalm nach dem anderen produzieren, das ist einfach unverständlich. Ohne die Betriebskosten vom Google Reader zu kennen, ich bin mir sicher, dass das Privacy-Oops mit Google Buzz (wo sie sich mit einer stunde nachdenken was man per default anzeigt und was nicht (schon wieder: der wert der defaults…) 8,5 mio dollar sparen hätten können) den Betrieb vom GR einige Jahre tragen hätte können. Und es ist ja auch nicht so, dass sie plötzlich insgesamt mehr Fokus hätten, sie schiessen ja noch immer mit der Schrotflinte auf jedes Moorhuhn, das sie sehen.
Ihr altruistisches Gehabe können sie sich fortan jedenfalls sparen. Wenn sie eines der wichtigsten Tools zur offenen (und unabhängigen, und personalisierten, und etc.) Informationsrezeption und -prozession einfach so schliessen, ein Tool, das fast paradigmatisch ihre Mission ‘organize the world’s information and make it universally accessible and useful’ personalisiert, ein Tool, das vl. nicht mehr zig Millionen, aber sicherlich Hunderttausende wirklich lieben, während sie an anderer Baustelle mit der Übernahme von DailyDeal mal schnell 100 Mio Dollar versenken, was mit ihrer Mission nichts zu tun hat, dann sieht man, wo sie stehen.
ein paar stimmen:
und sammler:
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aus der serie: Reader—
Listen Up
nur ein gedanke zum lsr: der entscheidende fehler, den die verlage beim durchdrücken des lsr gemacht haben, ist, dass sie nicht zugehört haben.
hätten sie zugehört, dann hätten sie eine relativ klare botschaft gehört: wir wollen das nicht.
für alle, die die botschaft wieder und wieder kommuniziert haben, war dieses nichthören ein ding der unvorstellbarkeit – deshalb auch die verwunderung und der schock über die beratungsresistenz. die falsche annahme dabei aber war, dass es sich für die verlage um kommunikatives handeln innerhalb der parameter gesellschaftlicher vernunft handelt. für die verlage ging es aber immer nur um die manipulation der von ihnen selektierten umweltbeziehungen unter dem regime der bis dato entwickelten funktionsmechanismen, besonders natürlich der symbiotischen ausdifferenzierung von macht zwischen medien und politik. und in der umwelt der verlage kommt das ‘soziale web’ (als summe der stimmen aller menschen auf sozialen medien) nicht oder bestenfalls als traffic generierender störfaktor vor.
das einzige für verlage umweltrelevante system war das rechtssystem, der einzige für verlage insofern zu bearbeitende umweltagent waren also politiker, flankiert wurde das ganze mit dem auf die gerechtigkeitstränendrüse drückenden mantra ‘es darf nicht sein, dass sich andere auf kosten der arbeit der einen ganz ungefragt bereichern’, das sie so oft wiederholt haben, bis sie es selbst geglaubt haben. (man braucht sich nur die art und den habitus der vertreter anschauen, die sie in die verhandlungen und diskussionsrunden geschickt haben.)
was sie dabei aber übersehen haben ist, wie sehr sich ihre eigenschaft als umwelt für andere systeme verändert hat, seit sie das letzte mal genauer hingeschaut haben. und wie sehr sich damit der wertvorschlag ihrer eigenen existenzbedingung verändert hat, der ausschliesslich darin besteht, von anderen systemen als wertvolle umwelt wahrgenommen zu werden. und welche möglichkeiten die von ihnen ausgeschlossene umwelten gefunden haben, jeweils füreinander umwelt zu sein, ohne die massenmedien als vermittler zu benötigen, und sich also zu koordinieren und die medien zunehmend als kontingent zu thematisieren. usw. wie sehr sich jedenfalls die umwelt verändert hat, ohne dass sie die notwendigkeit einer adaptiven eigenleistung auch nur in betracht ziehen.
unterm strich jedenfalls: hätten sie hingehört, hätten sie uns einiges, von dem was kommt, erspart. und hätten sie auch zugehört, hätten sie sich selbst einiges, von dem was für sie kommt, erspart.
Postpreposterous
apropos preposterous : es könnte sein, dass wir uns langsam auf eine zeit der zynischen webbenutzung einstellen dürfen, was nicht nur schlecht ist, weil wir dann nicht mehr dinge primär deshalb tun, weil wir den dienst sympathisch und nett finden oder weil wir uns beim eigenen gut finden gut fühlen können oder weil es neuerdings halt geht usw., sondern dinge nur noch tun, obwohl der dienst ein jackass ist, dem wir alles zutrauen, wir uns den wert der benutzung also irgendwie ehrlicher selbst erzeugen müssen und das geniessen eher selbstevident stattfinden kann. die kehrseite ist halt, dass es auch eskapistische serien im gleichen milieu triggert.
Leftovers 2012 (Boxes Edition)
(wenn man will sind wir noch nicht beim object oriented thinking angekommen, alles läuft im global space ab)
(nts: mich öfter selbst zitieren)
Auch nicht wirklich weitergekommen sind wir 2012 jedenfalls mit dem ganz allgemeinen Finden von Schachteln der passenden Grösse (für Begriffe, Aufgaben, Projekte, Zukünfte, usw.), was schade ist, weil sich, wie so oft, viele Probleme und Diskussionen erübrigen würden, wenn passendere Schachteln gefunden und benutzt würden.
(wer hier mitliest, ich weiss, das ist ein motiv auf auslaufrille – siehe bei den leftovers die scope edition (boxen für kompetenzen), oder die hillbilly edition (boxen für begriffe), oder bei den nützlichen unterscheidungen die prescribing information edition (boxen der gültigkeitsbereiche) oder die inception edition (boxen der unterscheidungsebenen), usw. – aber das waren alles eher konkrete instantiierungen von einem eben viel grundsätzlicheren schachtelproblem; das finden der passenden schachtel ist dabei kein theoretisches, sondern ein pragmatisch/praktisches problem, es geht also um das gewinnen von handlungsfähigkeit durch komplexitätsreduktion, weil passend eingeschachtelte dinge nicht mehr alle eventualitäten und relativierungen der jeweils ausgeschachtelten dinge berücksichtigen müssen. nur als beispiel: man stelle sich vor, was an debatten wir uns hätten sparen können, wenn wir verschiedene schachteln für technik-getriebene und bwl-getriebene webstartups gehabt hätten. beide schachteln hätten natürlich noch immer ein ähnliches bündel an grundsätzlich zu lösenden problemen, aber die parametrisierung der prioritäten und die funktionelle ausdifferenzierung erfolgte gänzlich anders, beide spielen verschiedene spiele und die beobachtung und bewertung von aussen, aber auch die entwicklung von techniken und strategien innen, würde deutlich genauer und auch angemessener sein, der machiavellismus etwa nicht mehr zwischen angriffsfläche der kritik und euphemistischer verleugnung oszillieren, sondern wäre bei den einen die hauptmetrik schlechthin und bei den anderen zumindest zunächst einmal kein thema, usw. das nur illustrativ, in der form würd ich das nicht vorschlagen)
((eine weitere aber genuin andere pragmatisch/praktische technik ist die torteneckentechnik, bei der man mit effizienten handlungen beginnt, mit denen man oft schon grosse teile vom kuchen vom tisch bekommt, und sich dann dem rest iterativ widmet. man denke etwa daran, was man ausbildungstechnisch schon mit statisch/dummen aber inhaltlich gut gemachten moocs abdecken kann, auch wenn das nur die low hanging fruits sind; die pädagogen können ihre ganze kreative energie in einen viel kleineren rest stecken))
Vinecats
^ nach dem Procatinator jetzt auch noch Vinecats – 2013 könnte mal wieder ein guter Jahrgang werden.
Leftovers 2012 (Opinion Edition)
auch nicht wirklich weitergekommen sind wir 2012 jedenfalls mit dem konzeptionellen trennen zwischen ‘anderen meinungen’ und ‘anderen positionen’.
(nix gegen meinungen, aber die braucht man ja nicht zu verteidigen und die hat ohnehin jeder und zu jedem thema. das ding mit den – konfliktierenden, anderen, widersprechenden, .. – meinungen, die wir, so bekommen wir es ja von der muttermilch an eingetrichtert, respektieren, schätzen, berücksichtigen, etc. sollen, ist, dass sie für uns zunächst einmal jenseits ihrer statistischen faktizität, die vl. für umfragen und realpolitik relevant ist, völlig wertlos sind, weil nicht klar ist, auf basis welchen vorwissens und welcher kognitiven eigenleistungen der jeweils meinende bei seiner jeweiligen meinung gelandet ist. was für uns ggf. interessant ist, ist eine ‘andere position’, die sich vielleicht in der anderen meinung versteckt. was man hierzulande ‘debatten’ nennt, läuft meistens leider auf der ebene der meinungen und nicht auf der ebene der positionen ab. grundsätzlich jedenfalls gilt: während andere meinungen meistens völlig wertlos sind, können andere positionen äusserst wertvoll sein)
Procatinator
^ ziemlich sicher die anwendung des jahres – ich sehe nichts, was das noch toppen könnte: der procatinator
(h/t)
Leftovers 2012 (Hillbilly Edition)
auch nicht wirklich weitergekommen sind 2012 jedenfalls die deutschen massenmedien/zeitungen mit ihrer disposition gegenüber dem web.
(es wurde zwar in den letzten 2, 3 jahren ein bisschen besser, sprich: die absoluten pflichtübungen (ein twitter account, ein paar hausblogs, kommentare auch am wochenende, eine ipad app, vl. ein bissl datenjournalismus, vl. sogar mal ein hangout auf google+, …) werden mittlerweile von fast allen gemacht, die ganz ganz blöden artikel sind eig. auch schon fast verschwunden, im letzten jahr wurde sogar auf twitter (sic) beschlossen, dass man sich ja auch gegenseitig verlinken könnte, usw. aber man spürt doch deutlich, dass alle zusammen in jeder faser ihres seins das web als einen zu bekämpfenden eindringling empfinden, für den es antikörper auszubilden gilt, und nicht als vor den eigenen augen aufgehenden möglichkeitsraum, in dem man sich auf ganz anderem niveau neu erfinden könnte – was natürlich auch eine option gewesen wäre. konkret etwa: rücksichtsloses leistungsschutzrecht mit unabsehbaren externen kosten statt neugier und erforschung.
das ist natürlich eh klar und nix neues, allein es war zumindest mir nicht klar, warum. und beim warum vor allem die frage, warum gerade die deutschen qualitätszeitungen, denen ja ansonsten durchaus und noch immer ein weltniveau zugeschrieben werden kann, bei ihrer beschreibung des entstehenden webs so daneben war und noch immer ist, während die kollegen bei der nyt, der washington post, des guardians diese macke nicht oder in deutlich kleinerem ausmaß hatten.
beim retro egoing bin ich dann aber über plastilin aus dem jahr 2006 gestolpert und retrospektiv bekommt dieser kleine text eine neue bedeutung, die dann zumindest eine erklärung mit gewisser plausibilität ermöglicht:
Web 2.0 ist ein plastischer Begriff. Die Bedeutung ist nicht festgelegt oder fixiert, sondern muss gewissermassen von jedem für sich selbst erarbeitet werden. Es gibt keine ultimative Referenz oder Definition. Die Aussagekraft des Begriffes hängt deshalb also von der Arbeit ab, die man selbst hineinsteckt. Wer es sich leicht macht (wie etwa ein Großteil der Massenmedien, wo ein Journalist mal schnell irgendwas zusammengesampelt hat und die anderen die immer gleichen Ressentiments, Vorurteile und 5 Paradebeispiele von Firmen dann abgeschrieben und weitergetragen haben), der agiert dann mit einem einfachen, aber eben auch undifferenzierten Begriff, der dann halt tatsächlich auch wenig bzw. nichts bringt.
Das bedeutet nicht, dass man Web 2.0 beliebig definieren kann – zumindest wenn man mit anderen kommunizieren will. Web 2.0 entsteht sicherlich irgendwo als Beschreibung der Ensembles von neuen Möglichkeiten, die die zunehmende Ausdifferenzierung der beteiligten Systeme (Mensch und Maschine, Soziologie und Ökonomie, …) und deren Zusammenspiel, zunehmende Interpenetration und Koppelungen, etc. ermöglichen. Je nach Interesse machen dabei unterschiedliche Beobachtungspostionen Sinn, man sollte aber im Hinterkopf behalten, dass es immer auch andere gibt. Wer Tomaten auf den Augen hat und glaubt, da sei überhaupt nichts ausser einem Buzzword oder Hype, dem kann man auch nicht helfen.
(nts: mich öfter selbst zitieren)
in den deutschen medien gab es aber von anfang an nur eine retrospektiv fast schon als debil zu bezeichnende differenziertheit der begrifflichkeiten rund um das web, die sie in der folge bis heute nicht wirklich verfeinert haben. das web war ein einziger container, in den dann einfach alles geworfen wurde bzw. eben in ermangelung genauerer begriffe geworfen werden musste, was nur irgendwie im web stattgefunden hat. nur als beispiel: der begriff internetcommunity oder die differenz internetbefürworter/-kritiker sind beides völlig sinnlose abstraktionen, die nicht nur nichts erklären, sondern die sogar falsches suggerieren. es gibt keine internetcommunity, es gibt nur x-millionen konkrete individuen mit je spezifischen und wiederum konkreten situationen, motivationen und hoffnungen, die einen zugang zum internet haben und damit ihr leben (ihr eigenes, das ihrer freunde, das der gesellschaft) ergänzen und hoffentlich bereichern oder auch nicht.
gepaart mit diesen wenigen, viel zu grossen und oft falsch gewählten containern oder begrifflichen schachteln war eine vorzeitige und durchaus als ignorant zu bezeichnende festlegung auf einen x-beliebigen anwendungsfall mit einem y-beliebigen bewertungskriterium. blogs wurden als internettagebücher abgetan (das ist auch die erklärung 2013) und ausschliesslich in ihrem wert als alternativer journalismus bewertet, dabei sind blogs ganz einfach aber auch nicht weniger als die summe aller realisierten möglichkeiten1 vom format blog. und wasauchimmer das sein mag, es ist zumindest der möglichkeitsraum, der entsteht, wenn jeder mensch, der will, öffentlich publizieren kann, was er will, ohne davor irgendwelche prozesse durchlaufen oder redaktionelle filter passieren zu müssen, wasauchimmer das dann bedeutet (wie immer: alles innerhalb der filigranen prozesse einer vernetzten ökonomie der produktion, rezeption und distribution, die halt auch nicht immer so ablaufen, wie man sich das wünschen würde). twitter wiederum wurde die längste zeit als narzisstisches miniinternettagebuch (was ich gerade esse) abgetan (und wen interessiert das?), während auch twitter natürlich nichts weniger als die summe aller realisierten möglichkeiten vom format ‘vernetzt sozialisierte 140 zeichen’ ist, wasauchimmer das wieder sein mag, mitunter ist es jedenfalls auch ein infoökonomischer durchlauferhitzer für alles, was eine URL hat, weil man die ja (gerne auch annotiert) twittern kann, ein sozialer sechster sinn und vieles mehr.
es bleibt natürlich die frage zu beantworten, wie und warum sie – entgegen allen empirischen offensichtlichkeiten und trotz von anderen kulturkreisen durchgekauten diskursserien, an denen man sich orientieren könnte – in der folge doch erstaunlich undifferenziert und lernunfähig geblieben sind bzw. bleiben konnten. es ist ja nicht so, dass man die wichtigsten aussagen nicht einfach nachlesen könnte. es reicht ja schon kelly und techdirt und vl. noch shirky zu lesen und man hat zumindest pareto-mässig das wichtigste auf dem radar.
eine mögliche und durchaus wahrscheinliche antwort findet sich in einem der lieblingsthemen der zeitungen: der filter bubble. übersehen haben sie bei ihrem abfeiern der bubble jedoch, in welchem noch viel grösserem umfang das auf sie selbst zutrifft. journalisten lesen – zumindest wenn es um das thema web geht, in anderen feldern schaut das hoffentlich anders aus – tatsächlich nur andere journalisten, und dann vl. noch einige wenige andere mögliche quellen, wenn sie sich auf die irgendwie als ‘experten’ beziehen können. aufwandstechnisch ist das sinnvoll: man erspart sich das denken oder ausprobieren (ausprobieren ist überhaupt eine sehr unterschätzte technik, dabei ginge das besonders im web oft recht einfach; nachdenken eigentlich auch), die verifikation der aussagen wird einfach zum experten oder eben anderen journalisten ausgelagert, passt! das problem dabei: man schottet sich von sämtlichen inputs von aussen ab und alle lesen, schreiben und glauben das gleiche und das wie gesagt auf niedrigstem niveau. (man sieht das ja auch am nennen der quellen. wenn überhaupt jemals auf die idee eines blogs zurückgegriffen oder ein thema aus der blogosphäre aufgegriffen wird, dann wird das entweder überhaupt verschwiegen, oder es wird ein ominöser, vl. bekannter ‘blogger’ ansonsten nicht weiter benannt und üblicherweise ohne link referiert. ausgeborgte fotos oder videos werden mit quelle: flickr oder quelle: youtube aber nie namentlich attribuiert geschweige denn konkret verlinkt, usw.)
auch hier versteht man zumindest das motiv: ihre macht besteht in der entscheidung etwas zu benennen oder zu verschweigen, und sie sichern sich selbst primär dadurch ab, eben alles andere zu verschweigen und nicht in die welt zu schreiben (und dadurch gar als wesen auf gleicher augenhöhe zu betrachten). was sie dabei aber übersehen, ist, dass sie sich selbst dadurch über die hintertür ein viel grösseres problem einhandeln, weil sie auch das gute nicht hineinlassen und also nur in ihrem eigenen sud dahinkochen (leider sind sie kein gulasch). das geht in deutschland, weil sie keinen grossen wettbewerbsnachteil haben, weil die anderen auch nichts anderes machen, aber im internationalen vergleich verlieren sie natürlich zunehmend den anschluss – was übrigens auch für den wirtschaftsstandort deutschland ein problem wird, zumal sich die deutschen politiker ausschliesslich an den deutschen medien orientieren und überhaupt nicht ahnen, wie sehr deutschland in sachen internet schon hinterherhinkt und wie lächerlich sich deutschland mit themen wie leistungsschutzrecht, gema, verpixelung, etc. international macht und wie sehr das dem über jahrzehnte durchaus zurecht aufgebauten image als innovativ, fortschrittlich und technologiefreundlich schadet. der schaden ist, nur so dahingesagt, wohl dutzende oder auch hunderte male grösser, als alles, was ein etwaiges lsr jemals von google abzwicken können wird, weil ich mir auch als eric schmidt oder marc zuckerberg oder beliebiger anderer ceo eines techunternehmens denken würde, was sind denn das für hinterwäldler, usw., aber das ist wirklich ein anderes thema.
bleibt die frage, ja gut, gähn, aber warum jetzt diese plattitüde und/oder tirade? eigentlich nur deshalb, weil es doch ein schönes beispiel für den wert einer erbsenzählerisch/analen kritik an (aber eben auch ein plädoyer für die entwicklung von) begrifflichkeiten ist, die uns dann doch mit dem web gesteigert entweder zum nutzen kommen oder eben auch in den arsch beissen werden, weil sich dort fast alles auf der ebene des symbolisch vermittelten imaginären abspielt – die begriffe wirken sich dann auch ganz real aus. und weil es eben auch ein schönes beispiel für eine art ethik der begriffe ist, die die richtung der feedbackloops quasi eingebaut hat, nur ist das noch nicht bei allen angekommen. und weil es aber auch bedeutet, dass man sich nicht nur die ‘bösen’ sondern auch die ‘guten’ begriffe etwas genauer anschaut und dekonstruiert, weil uns gut gemeinte aber ungenaue ‘gute’ begriffe (offenheit, …) ebenso wenig weiterbringen.
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1 es gibt bei dingen natürlich immer: (1) einen grundsätzlichen allgemeinen möglichkeitsraum, den tautologischen raum aller möglichen möglichkeiten, (2) als subset davon das zu einem gegebenem zeitpunkt realiserbare latente potential, (3) als subset davon die zu einem gegebenem zeitpunkt konkret stattfindenden und also empirisch wahrnehmbaren realisierungen dieses potantials; nicht alles was möglich wäre wird realisiert, und (4) die geschichte und geschichtliche ausdifferenzierung dieser verläufe aka das dispositiv, das wiederum auf (2) und (3) einwirkt. ich verkürze das hier auf (3).
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(abt. supermarket studies)
Let Me Out
^ wired über plato notes, das community memory terminal, memex und andere urahnen von ‘social media’
(abt. früher war alles besser)
((nur am rande: das ist auch eine spur für die frage, wer die wiederentdeckung des selbst wie und warum macht, von martin lindner : man entdeckt sich mitunter dann wieder, wenn man ein déjà vu hat, das hatten wir doch schon mal, wo war denn das noch schnell? wenn dieses gefühl unwahrscheinlich viele gleichzeitig haben, dann deutet das darauf hin, dass wir uns ein einer neuen grösseren loop auf sozialer ebene befinden, sprich: eine breitere gruppe an neuen/anderen leuten beginnt das eigentlich schon bekannte in ihrer eigenen timeline zu entdecken. die tragikomik entsteht, weil sich die timelines der explorativen hacker und der implorativen macher nicht synchronisieren, dass also diejenigen, die die grundsätzlichen möglichkeitsräume abstecken und zeigen, wie und was man mit irgendwas technisch machen kann, schon längst wieder weg sind, wenn diejenigen auftauchen, die mit irgendwas tatsächlich was machen könnten oder wollten, was suboptimal ist, weil die oft nicht die besten trüffelschweine für praktiken und pragmatische lösungen oder bastler innerhalb von einschränkungen sind, weswegen die ausdifferenzierung dann auf niedrigem niveau erfolgt, wir kennen ja das muster. noch mehr am rande: das ist auch der grund, warum viele journalisten die letzten sind, die blogs entdecken, oder warum viele professionelle photographen die letzten sind, die flickr entdeckt haben, was dann selbst wieder in der signifikanz weggespült wurde, weil halt facebook und instagram dann wirklich jedem unmittelbar einleuchtet usw.))