Eine Minitheorie der Benutzung von Webapps
Gehen wir von einem rationalen Menschen aus. Wann wird er das Web im allgemeinen / eine konkrete Webanwendung im speziellen benutzen? Wenn die Benutzung ihm das Leben erleichtert, verbessert, irgendwas vereinfacht, beschleunigt, verbilligt, etc. Und er wird die Finger davon lassen, wenn es ihn nicht besser oder sogar schlechter stellt.
So trivial diese Annahme ist, mit ihr können einige Kritikpunkte entschärft und Verhaltensmuster bewertet werden.

Die zwei grundsätzlichen Fehlverhalten:
(a) das Web in einer Situation nicht zu verwenden, in der es geeignet wäre.
(b) das Web in einer Situation zu verwenden, in der man besser etwas anderes machen sollte.
Was sind die Voraussetzungen (man könnte das natürlich noch weiter differenzieren) dafür, das Web vernünftig einzusetzen?
(1) Kenntnis – man muss den geeigneten Webdienst kennen. Wer eine der Möglichkeiten des Webs nicht kennt, kann sie offensichtlicherweise auch nicht benutzen. Ein vernünftiger Benutzer sollte also die Augen offen halten, um am Laufenden zu bleiben, was es alles gibt.
(2) Urteilskraft – man muss die im Webdienst inhärenten Möglichkeiten sehen und verstehen können. Wer das Potential eines Dienstes nicht adäquat einschätzen kann, kann keine fundierte Entscheidung treffen, ob er die investierte Zeit Wert ist oder nicht.
(3) Kompetenz – man muss den jeweiligen Webdienst benutzen können. Mit der Kompetenz ist es so eine Sache. Es vergeht keine Woche, in der nicht mit Verve gefordert wird, die Dinge mögen einfacher werden, sonst wird das nix. So einfach, dass sie auch der dümmste versteht, etctrara.
Ich bin ein riesiger Fan der Einfachheit – aber: Ich weiss nicht woran es liegt, dass die an die Person stellbaren Anforderungen gegen Null gehen, sobald es ums Web geht. Menschen, die sich als durchaus überlebensfähig zeigen, wenn es ums Kochen, Autofahren, Gamen, oder Handwerken geht, werden ifantilisiert und sollen davor beschützt werden, einige fundamentale Techniken der Webbenutzung zu lernen. Wie in vielen anderen Situationen auch: ein paar Basics muss man können.
1000 True Fans
A creator, such as an artist, musician, photographer, craftsperson, performer, animator, designer, videomaker, or author – in other words, anyone producing works of art – needs to acquire only 1,000 True Fans to make a living.
(abt. ausdifferenzierungspotential)
Premium Pizza
Das Premium-Modell von Xing ist tatsächlich völlig verrückt. Es verunmöglicht 14,4 Billionen Beziehungen (400.000 premiumuser könnten alle 4 mio user kontaktieren vs. die restlichen 3,6 mio simpleuser können das nicht, auch nicht nach facetten suchen, nicht einsehen wer auf ihrem profil war, etc.).
Xing überlegt sich nicht, wie es den grösstmöglichen Netzwerkwert und/oder Nutzen für seine User erzeugen kann, sondern welche Features es beschneiden kann, um die grösstmögliche Zahl zum kostenpflichtigen Premiumstatus zu treiben. Dass sie dabei Features amputieren die unmittelbar den Systemgesamtwert tangieren ist absurd.
(es geht nicht darum, dass ihnen der erfolg recht gibt. sie nützen halt den quasimonopolstatus in dem segment in deutschland aus. auch nicht darum, dass es unanständig wäre nach features zu diskriminieren und für einige davon dann geld zu verlangen. auch nicht darum, dass die premiummitgliedschaft den spreu vom weizen der userbasis trennt. sondern darum, dass xing den hebel dafür an der netzökonomisch dümmsten stelle ansetzt. als zahlender user würde ich mich nicht darüber freuen, dass ich strukturiert suchen kann, sondern mich eher darüber ärgern, dass ich von 90% nicht gefunden werden kann)
Statement of the obvious für alle startups und grownups:
- verschenkt, erleichtert und fördert alles was den Wert des Netzwerks steigert, was sinnvolle Verbindingen zwischen Usern herstellt, was Impulse/Aufmerksamkeiten strömen lässt.
- macht das Geld mit Features mit hohem individuellen Nutzen, der aber den Netzwerknutzen und die Systemdynamik nicht betrifft.
(etwas fingerspitzengefühl ist auch hier gefragt, besser ist’s wenn man nicht zahlt, um knüppeln zu entgehen die einem sonst vor die beine geworfen werden, sondern wenn man weiß und schätzt wofür man bezahlt. man will passionate users und kein bauernfänger sein. es gibt viele viele möglichkeiten, auch wenn man ev. ein bisschen mehr nachdenken muss. think zeitersparnis, integration und sync mit standard tools, offline benützbarkeit, ad-free, etc.)
(bei Services ohne oder ohne starke soziale Komponente liegt die Sache etwas anders, 37signals etwa sind da als Orientierung wie man’s machen kann sicher zu empfehlen, mindmeister macht es imho auch sehr smart)
Good Enough
They didn’t understand that you only need enough technology to make the product work.
…
Again, they have enough design (or the right design) to work for their users.
…
Pay attention … it’s important to understand that “accidental” isn’t the same as “random”. There are clues all around us, we just need to watch more closely.
Buchheit über was für neue Services wichtig ist (teilweise märchenstunde aber overall a good read) via langreiter
(aufmerksam zu sein ist übrigens was anderes als auf die user zu hören, das zu verwechseln ist einer der kardinalfehler von deutschen startups.)
Was Nahrungs-Nutzer wirklich wollen
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off topic aber dieser Koch-Hype und die Blase rund um das ganze Essen nervt. Wann immer man den Fernseher einschaltet kocht einem irgendein Koch oder irgendein Prominenter den man nicht kennt irgendwas vor, in den Buchhandlungen stapeln sich die Kochbücher, in den Supermärkten stapeln sich die Lebensmittel und an jeder Ecke klebt irgendein Restaurant und erwartet, dass man drin irgendwas isst.
Eine neue Studie hat nun 46 Köche und 172 Nahrungs-Nutzer ausführlich befragt und 14 Restaurants analysiert und kommt zu einem überraschenden Ergebnis: was Restaurants für wichtig halten ist den Nahrungs-Nutzern oft egal. 70% gaben an zu Mittag am liebsten ein Wienerschnitzel zu essen.
“Salopp ausgedrückt: 50 Prozent unserer [Koch]-Aktivitäten sind für die Tonne”
sagt der Geschäftsführer eines Restaurants (zitiert nach dem Spiegel)
Liebe Köche: verschwendet eure Zeit nicht damit gut zu kochen, euch was neues einfallen zu lassen oder einen stimmigen Gesamteindruck etwa für eine kleinere Gruppe zu hinterlassen. Kocht nur was alle Leute kennen und was die meisten gerne essen. Die grösste gemeinsame Geschmacksdurchschnittlichkeit ist das ultimative Ziel. Dann schreit am lautesten.
openedID
<pathos>
openID wird gerne mit den Vorzügen einer Kreditkarte verglichen. Man holt sich wo eine, und dann kann man sie überall verwenden wo man mit Kreditkarte bezahlen kann. An und für sich ist das nützlich.
Leider ist openID aber wie eine Kreditkarte bei der man dann auch nicht mehr mit Bargeld bezahlen kann, wenn man in einem Geschäft einmal mit ihr bezahlt hat, und leider kann man den Kreditkartenbetreiber dann auch nicht mehr wechseln.

(das stimmt so nicht ganz, die möglichkeit des anbieterwechsels ist bei openid sogar sehr schön mittels eines konstrukts namens delegation eingebaut; nur stimmt das de facto, weil diese möglichkeit von 95% – hausnummer, aber es ist wohl die überwiegende mehrheit – nicht wahrgenommen wird; man kann sich natürlich jederzeit eine zweite, dritte oder vierte kreditkarte bei einem anderen anbieter holen, aber gerade diese vermischung will damit ja beendet werden)
Für die Anbieter ist das sehr interessant. Sie binden alle die ihre Kreditkarte verwenden für den Rest ihres digitalen Lebens an sich und bekommen als kleinen Bonus sämtliche Aufmerksamkeitsdaten (wer kauft wo wann was ein) frei Haus. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass Yahoo, AOL, andere greedy corporations diese Kreditkarten anbieten. Mit Kreditkarte bezahlen kann man bei den meisten Anbietern übrigens nicht.
Für Geschäfte in denen man mit Kreditkarte bezahlen kann ist das auch nicht schlecht. Was bequem für den User ist ist letztendlich auch gut fürs Geschäft und Gebühren fallen auch keine an.
Für die Kunden ist das zunächst einmal sehr praktisch. Sie müssen kein Bargeld mit sich herumschleppen und brauchen sich nur einen einzigen Code zu merken. Als Neukunde in einem Geschäft brauchen sie auch keine elendslangen Formulare mehr auszufüllen, steht alles auf der Kreditkarte drauf.
Solange es kein Problem gibt ist alles gut.
Wenn es aber ein Problem gibt sitzt man zumindest knietief in der Scheisse.
Kreditkartenbetreiber könnten (und werden) verschwinden. Die Kreditkarte ist dann natürlich wertlos – aber noch blöder: alles was man zuvor mit der Kreditkarte gekauft hat verschwindet gleich mit (bzw. ist zwar noch da, aber man kommt nicht mehr ran, bzw. man kommt zwar noch ran, aber nur wenn das Geschäft in dem man das jeweilige Ding gekauft hat zulässt, dass man es aufbricht.)
Oder man verliert das Vertrauen in den Kreditkartenbetreiber oder will ihn aus sonstigen Gründen wechseln. Pech gehabt.
Oder eine trickreiche Person kommt irgendwie an die Geheimzahl oder den Pin-Code der Kreditkarte. Diese kann dann auf Shopping-Tour in allen Geschäften in denen man damit bezahlt hat gehen, oder auch nur ungestört in allem stöbern was man damit gekauft hat. Oder sie ist wirklich bösartig, ändert kurzerhand den Code und sperrt einen aus allen Geschäften und allen Dingen die man jemals damit gekauft hat aus.
Oder oder oder oder.
Das Problem mit openID ist nicht, dass es zu Problemen kommen kann, sondern dass die Konsequenzen der Probleme unangenehmer sind als man sie sonst so antrifft. Und ich bin mir nach wie vor nicht sicher ob die Idee eines einzigen Schlüssels (Wechsel der Metapher) der vom Toaster bis zum Safe alles aufsperrt eine besonders gute ist. Bedenken bzgl. der Privacy scheinen mir da eher sekundär zu sein.
That having said… mag ich openID, das ist emerging tech und spätestens wenn Robert Scoble einmal ein Problem hat werden auch Mechanismen der Entkoppelung angedacht und sich mittelfristig auch durchsetzen (bei einigen Seiten kann man etwa jetzt schon zwischen openID und normalem Login hin- und herschalten oder die openID wechseln), aber derzeit ist noch etwas Risikomanagement und Abwägung für was man es verwendet und für was besser nicht gefragt.
Mit oben erwähnter delegation kann man übrigens den Großteil der Risiken abfangen und ist also wärmstens empfohlen (Prinzip: man verwendet eine URI über die man langfristig Kontrolle hat (etwa sein Blog) als seine openID, dort gibt man – in zwei Zeilen – an welcher Anbieter die technische Abwicklung übernimmt; der Anbieter kann jederzeit gewechselt werden, die openID bleibt immer gleich.)
Allerdings muss man das tun bevor man beginnt openID zu verwenden (deshalb sind mir die evangelisten und recruiter die openid auf teufel komm raus promoten etwas suspekt, gee sogar der spiegel greift es schon auf. es ist ein bisschen verantwortungslos im eifer der freude darüber dass auch die platzhirsche des web mitmachen ganz normale user ein bisschen zu früh und bevor sie die implikationen adäquat einschätzen können an yahoo/aol/andere greedy corporations zu binden.)
</pathos>
update: mehr dazu im agenturblog bei neunetz und bei nsr
Trollflings
Psychohygienisch ist es doch beruhigend, dass es solche Diskussionen hin und wieder auch noch woanders gibt (gegenseitiges hochschaukeln, suche nach dem ausbeutungsmodell, überlegungen ob einer kollektiven verfahrenseinleitung, …) (via viavia auch jeweils mit einschätzungen)
Ist halt alles nicht so einfach, das Web ist wahrscheinlich die gekoppeltste Vergleichzeitigung von Ungleichzeitigkeiten ever, aber hinter jedem Rant steckt immer auch noch ein Schicksal, etwa Trollflings’ :
I know it is very strange to me. My item was listed as a TOY. (not a toy)
..
I am a fantasy artist. These trolls, are my life, they are my heart. They are not a sticker, they are not a toy, they are not an accessory.
Summit
Hmm, also allzuviel Streukraft hat der/die/das Web 2.0 Summit in der Blogberichterstattung nicht ausgelöst, wenn man bedenkt, dass der das wichtigste 2.0 Event ist. Von ca. 15 Fathead-Bloggern die vor Ort waren und die alle die Announcements oder was halt passiert ist mehr oder weniger gleichlautend dokumentiert haben (Paarbloggen) ((was natürlich nicht schlecht ist, was sollen sie denn sonst machen)) einmal abgesehen, weiter diffusiert sind die Themen kaum. Das kann jetzt auch eine Vergangenheitsverklärung sein, aber mir kommt es so vor also hätte es 2004 und 2005 doch ganz anders gebrodelt.
Das ist irgendwie auch sinnvoll – wenn sich ein topic einmal blogtechnisch stabilisiert hat, gibt es für die tieferen Straten keinen Grund mehr, irgendwas nochmal wiederzukauen, weil ohnehin davon ausgegangen werden kann, dass das von der möglichen Leserschaft schon wahrgenommen wurde. Das spricht für eine systemeigene Schlauheit bzw. einer Reife in der Aufmerksamkeitseffizienz, aber in dieser Radikalität ist das doch verwunderlich.
Unisono 2.0
Das Problem ist weniger, dass die SZ nicht schnallt, was Web 2.0 ist (und glaubt es hat was mit Mitmachweb und Blogs zu tun etc.); das Problem ist eher, dass das nicht einmal die Blogger schnallen (und auch glauben, es hat irgendwas mit Mitmachweb und Blogs zu tun, etc., mit dem einzigen Unterschied, dass die einen glauben und sich immer wieder versichern, dass es Kinderkram sei, und die anderen glauben und sich immer wieder versichern, das sei durchaus auch super.) Dass das in Deutschland halt unisono so verstanden wird, macht diese Auffassung nicht richtiger.
(es ist natürlich völlig egal, was web 2.0 ist und wer wasauchimmer glaubt, was web 2.0 ist, und ich will da auch nicht darauf herumreiten, aber wenn der begriff den funken einer bedeutung jenseits von freien assoziationshöfen, die man halt hat, wenn hinter irgendwas ein 2.0 steht, haben soll, dann würde es nicht schaden wenn man entweder das oder das liest und sich kurz durchüberlegt, denn mehr als das oder das (und allem, was man unter den bedingungen davon sagen kann und was unter den bedingungen davon gesagt wurde, und das ist nicht viel und seit 2005 ist nichts dazugekommen) ist es nicht, aber da bin ich wieder hier)
Neumachine
Nachtrag zu Hypenetz, Hypemachine ist ja echt die Bombe, instant Hochgenuss.
Warum wieso siehe nochmal bei Marcel, hier nur noch die Anmerkung, dass das auch sn-topographisch ein echter Geniestreich ist, der zeigt, dass man wenn man das Web ernst nimmt und hinschaut auch keinen facebook’schen social graph und noch nicht mal eine last.fm’sche Community braucht, um Intensitäten zu verdichten, weil ohnehin schon alles da ist.
Musik ist natürlich das paradigmatische Medium, bei dem sich das Web (in Form von Communities, in Form von Networks, in Form von Marktplätzen, oops: bubblegen) als Killer von allen sich von der Musikindustrie ausgedachten Produktions- und Marketingmodellen erwiesen hat, einfach deshalb, weil fast jeder an Musik Gefallen findet, der eigene Geschmack trugsicher ist und man ganz automatisch hin zum für einen persönlich intensivsten Zentrum oszilliert, auf Basis von Empfehlungen, dem was die Freunde hören, etc., wenn man einen lässt. Und das findet man ganz einfach, wenn man in einem System, das sich frei ausdifferenziert und die eingespeisten Tracks über diverse Feedbackloops schwingen lässt, den Spuren von anderen folgt und in dem System selbst mitschwingt – und nicht wenn man etwaigen Monokanälen folgt, die einem die MI mit viel Werbeaufwand vorsetzt.
Die Ineffizienz dabei – und Musik ist ein bisschen ein Sonderfall – bei den SNs ist, dass sie diesbezüglich einerseits einen Hang zu Monokulturen haben (Geschmackskluster bei last.fm) und dass andererseits die Peers nicht notwendigerweise den besten Geschmack haben (Gruppengeschmacksautopoesis bei Facebook). Bei MySpace ist das ev. noch am offensten, einfach weil sich Zehntausende Gruppen selbst immer wieder proaktiv einschleusen, aber da nimmt auch schnell wieder der Noise-Faktor zu.
Der Witz bei Hypemachine: es braucht kein social network und keinen sozialen Graphen, um jemanden an das Musiksystem anzudocken, weil die Leistung des Filterns, Verstärkens, Empfehlens usw. ein gelöstes Problem ist, und zwar von den Bloggern.
Wenn Blogs in was gut sind, dann im obsessiven Sammeln, Verstärken, Filtern. Und der Bereich Musik ist denkbar gut beackert. Und weil Musik eben so stark an Geschmack gekoppelt ist, kann der Wert der Empfehlungen eines einzigen Blogs, das mit einem geschmackskompatibel ist, riesig sein und Welten öffnen.
Jetzt gibt’s ganz offensichtlich tausende – man sehe sich nur die Liste von gescannten Blogs bei Hypemachine an – solcher potentiellen Intensitätszentren. Das Problem bis Hypemachine war das Finden bzw. der damit verbundene Informationsbeschaffungsaufwand. Hypemachine hat das im Grunde unspektakulär aber kongenial gelöst, indem es die diese Blogs aggregiert, den Zugang zu den Tracks optimiert und mit einem personalisierbaren und post-sozialen Layer versieht.
Die guten Web-Kopien
und bei Holtzbrinck’s eLab freut man sich über die eigenen guten Web-Kopien, die sich ob der eigenen Aktivitäten als das Erfolgreichste erweisen, und irgendwie entspricht das einem Restaurant, das ein paar uninspirierte Köche hat und sich darüber freut, dass sich das aufgewärmte Convenience Food bei den Gästen als das Amliebstengegessene erweist, ohne dabei auf die Idee zu kommen, dass man auch gut kochen könnte, was man aber auch nicht muss, weil alle Gasthäuser in der Nähe auch nicht besser kochen.
(abt. anspruchslosigkeit des eigenen anspruchs)
Xtra Long Tail
Gleich nochmal Seth Godin (einer meiner Lieblingsblogger) zum longest tail – und haha, der Eintrag ist gleich auf mehreren Ebenen völlig daneben.
Er stöbert also in einer Ramschkiste von CDs, kennt nix und denkt sich:
It’s almost impossible to buy music with no frame of reference. There were no hits, no recommendations, no “if you like x, you’ll like y”. I realized that the time it would take to decide if I liked an album was probably worth more than the $3 it would cost to buy one – in other words, not even worth it for ‘free.’
erste falsche Annahme: als hätte man jemals keinen Referenzrahmen. Den hat man immer, der ist das, was man in seinem bisherigen Leben aufgesogen und für sich als Geschmack kultiviert hat, das persönliche Wissen um Bands, Musiker, Labels, Stile, … das man sich (üblicherweise höchst ausdifferenziert) angeeignet hat. Und wer Platten sammelt weiss, mit welchem Affentempo man Ramschkisten scannen kann und welche tief sitzenden Assoziationshöfe dabei getriggert werden. Dabei kann es natürlich vorkommen, dass man gar nichts kennt, was uns zur
zweiten falschen Annahme bringt: als wäre die leere Schnittmenge zwischen dem Angebot und dem eigenen Wissen keine Information. Aber eine leere Schnittmenge bedeutet, dass es sich um etwas handelt, mit dem das eigene Referenzsystem bis dato nichts zu tun gehabt hat, auf das man im übrigen auch nicht über etwaige webbasierte Empfehlungsmechanismen gestolpert wäre (sonst würde man zumindest den einen oder anderen Künstler kennen). Und das kann zwei Dinge bedeuten: es handelt sich um Produkte aus einem völlig inkompatiblen Geschmacksset, oder es handelt sich um ein Genre das man nicht kennt, das einem aber gefallen könnte. Was uns zur
dritten falschen Annahme bringt: er konzipiert verbilligte Musik als Totalschaden – wenn die Informationsbeschaffungskosten (der individuelle Zeitwert, den man für’s Herausfinden ob’s einem gefällt oder nicht aufwenden muss) höher sind als der Kaufpreis soll man sie nach Seth vermeiden und also auch vom Kauf absehen. Aber, wenn man so will:
Musik ist – weil sie so billig ist, also zwischen 0 und 15 Euro pro Album – immer schon ein Totalschaden. Die Informationsbeschaffungskosten für Tracks die einem wirklich gefallen sind immer viel höher als der Kaufpreis. Aber der persönliche Nutzen nimmt mit dem Grad des Gefallens, des Identifikationspotentials, der geschmacklichen Unwahrscheinlichkeit, … exponentiell zu – und Lieblingstracks sind sowieso unbezahlbar. Nur wird man natürlich bei der Suche nicht irgendwo beginnen und den long tail von hinten aufrollen, sondern dort, wo es wahrscheinlicher ist, dass man über was Spannendes stolpert.
Und dann macht er einen Sprung (wobei mir auch nicht so ganz klar ist, wie er das aus dem vorangegangenen ableitet):
Musicians, bloggers, writers – if you’re toiling in the long tail, getting stuck at zero is now a real possibility. Being just like the other guys but trying harder is less of an effective strategy than ever before.
vierte falsche Annahme: als wäre die Möglichkeit, unbekannt im long tail zu stecken, was neues (nur gibt es jetzt eben viel bessere Möglichkeiten in Subszenen, Microcommunities, in Japan … erfolgreich zu sein und eben nicht mehr völlig vor sich hin zu stecken)
fünfte falsche Annahme: als wäre das gleiche gleicher zu machen jemals (ausser für reflexive Strategien der Scheingleichheit usw.) eine effektive Strategie für irgendeinen (long tailischen) Künstler gewesen, da heisst es immer anders, schneller, weiter, weiter. Das einzige Feld, das nach dem Motto just like the other guys but trying harder operiert, ist das der Fliessbandproduktion für diverse Charts (für die stimmt, was er sagt, aber die hat er nicht gemeint.)
(abt. die welt wie sie ist)
Frage des Tages: Herr O’Reilly, was genau ist eigentlich das Web 2.0?
gestellt von Christina Bergmann für die Deutsche Welle (via), Antwort:
Beim Web 2.0 geht es darum, Anwendungen zu bauen, die das Netz als Plattform nutzen. Und die erste Regel dabei ist, dass die Anwendungen von ihren Nutzern lernen, also besser werden, je mehr Menschen sie benutzen. Beim Web 2.0 geht es um die Nutzung kollektiver Intelligenz.
Ok, das ist sicher das 50ste wortgleich beginnende und dann mehr oder weniger gleichartig verlaufende Interview mit Tim O’Reilly, das man in der dt. Presse in den letzten 12 Monaten lesen konnte, aber mir ist dabei etwas wahrscheinlich völlig Offensichtliches das erste Mal klargeworden:
man kann diese Definition auch nicht verstehen.
99% des dt. und 90% des int. Diskurses über Web 2.0 sind das unmittelbare Resultat des ganz einfachen – und völlig nachvollziehbaren, was soll man sich unter Anwendungen die das Netz als Plattform nützen schon vorstellen – Nichtverstehens der Ausgangsthese. Sämtliche dann in der Tat zunehmend wolkig und beliebig gewordenen Beschreibungsversuche über das Mitmachmitshinybuttonsviaajaxalsmashupdankwidgetsdurchaaluswweb sind nichts anderes als sich verselbständigt habende Serien von im Sog der ursprünglichen Beschreibungen aufgegriffenen, dabei aber isoliert und nicht mehr im Kontext verständlichen Elementen, wobei irgendwann die Wirkung mit der Ursache vertauscht wurde.
to be continued.
Wir sind produktiv Pt. IV
oops, hab da ein Stöckchen übersehen.
Was macht dich produktiv? Die besten Tipps unserer Leser
hmm, schwierig, der beste Tipp den ich geben kann ist wohl GTD zu lesen und dann auf die striktest mögliche Art zu befolgen und es dann nochmal zu lesen und auf’s Eindringlichste zu studieren und es dann noch strikter zu befolgen, aber das ist wohl kein konkret-genuger Tipp.
Eine meiner Lieblingsstrategien bzgl. von Dingen/Aufgaben, die man schon als zu Tuendes erkannt und benannt hat, für die man auch schon die tatsächlichen nächsten Schritte/die next actions definiert hat, die man dann aber aus welchen Gründen und inneren Blockaden auch immer einfach nicht und nicht tun will, die man von einer Todoliste in die nächste mitschleppt, aber es findet sich immer was besseres zu tun, ist die aleatorische next action
Voraussetzung dafür ist, dass man einen Haufen von next actions (GTD Lingo für Handlungen, die man ganz konkret einfach tun kann, über deren was und warum und wie man nicht mehr nachdenken muss, weil sie schon das Ergebnis eines vorausgegangenen Denkens ob des was und warums und wies sind) hat und dass ein paar davon diese Objekte des Widerstands sind.
Was man dann nach GTD-proper tun würde ist, diese nach Kontext (online, am pc, am telefon, ausser haus, …) aufzulisten und wenn man dann in einem jeweiligen Kontext ist, sie je nach vorhandener Zeit, dann nach vorhandener Energie, erst zuletzt nach Priorität gereiht abzuarbeiten. Nur eben: ein paar davon widersetzen sich und hier kommt die aleatorische next action ins Spiel:
anstatt die NAs nach Kontext zu ordnen, werden alle bunt miteinander vermischt. Dann wird eine zufällig ausgewählt (besonders lustig ist das, wenn man seine NAs in Papierform auf etwa Indexkarten hat und eine mit verschlossenen Augen aus dem Stapel zieht) – und die tut man dann, auch oder gerade wenn es überhaupt nicht zum Kontext oder ins aktuelle Konzept passt. Dann zieht man die nächste – und dann tut man die, usw. usf. Es gibt natürlich Grenzen der Sinnhaftigkeit, aber dabei entsteht mitunter ein eigenartiges Gefühl der Losgelöstheit von etwaigen Zwängen, es entwickelt sich ein unerwarteter Spass an der Zufälligkeit was als nächstes kommt und zu tun ist, und hin und wieder kann man sich so selbst überlisten etwas zu tun, das man sonst (natürlich mit den besten Gründen) immer vermieden hat.
Open Up
Dave Winer zum Unbundling von social networks :
… because what we really need is an architecture that allows anyone to add a tag to an arc, the same way we add tags to pictures on Flickr.
All these things point in one direction, esp Facebook. Closed systems are fine in the early stages of a new technology. They’re the training wheels for a new layer of users and uses. But, as we always see, the training wheels eventually come off, explosively, creating new systems that throw out the assumptions of the old. …
Eventually, soon I think, we’ll see an explosive unbundling of the services that make up social networks. What was centralized in the form of Facebook, Linked-in, even YouTube, is going to blow up and reconstitute itself.
(ich glaube er macht einen konzeptionellen fehler, weil er offenheit in erster linie technologisch denkt; die plattformen deren unbundling er voraussieht sind aber schon das gerebundelte – und funktional offen genuge – ergebnis von zuvor geunbundelten (bzw. ohnehin schon frei flottierenden) tatsächlichen bedürfnissen. vgl. etwa craigslist und edgeio.)
6:49 AM
Die SZ mit einem in seiner Doofheit nicht unwitzigen Artikel zu Blogs etc.
(nach wie vor (und nicht auf diesen artikel bezogen) aus systemtheoretischer sicht interessant: msm und blogs sind füreinander umwelten, die man irgendwie ins eigene system inkorporiert. während blogs durchaus auch die outputs der msm (und natürlich auch den von anderen blogs) ernst nehmen und innerhalb des eigenen systems weiterverarbeiten und also – zumindest asymptotisch – schlauer und differenzierter werden, nehmen die msm die blogs nur auf einer meta-ebene war. da ist was, was uns beobachtet und was über uns schreibt, und da ist was, was dann auch lustigerweise noch autoreflexiv über sich selbst schreibt, und da ist was, was vielleicht noch ganz allgemein irgendwie und über irgendwas herumschreibt. aber es wird nur das DASS wahrgenommen, aber nicht das WAS und schon gar nicht das vernetzte WIE und beim WARUM ist man schnell wieder beim solipsistischen tagebuchmotiv. insofern bleiben sie halt nur so schlau wie sie eben sind, bleiben aber auch auf den damit verbundenen opportunitätskosten, die das in einer vernetzten welt mit sich bringt, sitzen)
(update: auch 2012 gelesen eig. noch immer eine ‘stimmige’ analyse, deren effekte aber ausgeblieben sind; in der tat haben die msm eher dazugelernt während sich blogs eher strukturell verkrustet haben; die schuld sehe ich wie so oft beim konstrukt social media, das konnten ‘medienmacher’ mit den bewährten instrumentarien angehen und managen während sich die ‘subjekte’ selbst subordinierten)
WinWinWin
Ich hab am Nachmittag mal ein bisschen die Facebook Platform Developer Docs gescannt und mich mit ein paar Anwendungen herumgespielt, und das ist huge. Nicht super alles auf den Kopf stellend und die Industrie völlig verändernd huge, aber doch ziemlich huge.
Hat wohl jeder mitbekommen, aber falls nicht: seit gestern ermöglicht Facebook, dass beliebige andere Anwendungen direkt in Facebook integriert werden können. Und sie müssen kein monadisches (und oft nur parasitär geduldetes) Widget-dasein fristen, sondern sie werden Bürger erster Klasse, die gleichberechtigt neben den eingebauten Facebook Apps stehen, die diese sogar ersetzen können und die den gleichen Zugang zur DNA von Facebook – den Beziehungen der User untereinander, den Lifestreams der User in Form ihrer Timeline – bekommen.
Und da haben alle was davon:
- Die Anwendungsentwickler haben was davon, weil sie ihre bestehenden Anwendungen (in mehr oder weniger abgespeckten Versionen) der gesamten Userbasis von Facebook (24 Mio, jede Woche 100.000+) schmackhaft machen können. Und nicht nur schmackhaft. Werden sie einmal adaptiert, dann verbreiten sie sich im jeweiligen Netzwerk eines Users quasi von selbst (iLike etwa mit einem Verbreitungsgrad von 100 neuen Usern/Minute), weil die Freunde dessen Output der jeweiligen Aktivitäten in seiner timeline sehen. (sogar der Spiegel hat das (was den Bereich webtech angeht völlig überraschenderweise) gut kapiert und schön beschrieben )
Irgendwie löst Facebook u.a. auch das chicken or egg Problem vieler Seiten, die an-und-für-sich nützlich wären, wenn nur schon alle Bekannten und Verwandten mitmachen würden. Nur tun sie es nicht, also hat man keinen Anreiz das Tool zu verwenden, also entsteht nie eine Situation, in der es für die Bekannten und Verwandten interessant erscheint…
Gleichzeitig eröffnen sich natürlich auch für einen Schwarm von speziell für die Facebook Platform entwickelte Anwendungen tatsächlich ganz neue Möglichkeiten, einfach weil sie eben direkt an die bestehenden Netzwerke andocken können.
- Die User haben was davon, weil sie nach Lust und Laune das geliebte Facebook erweitern, Funktionalitäten per Klick hinzufügen können, ohne es jemals zu verlassen. Schon jetzt gibt es an die 100 Anwendungen, bald sind es tausend, bald werden diese immer besser für Facebook optimiert. Facebook wird für sie attraktiver.
- und Facebook hat davon am allermeisten, weil mit jeder Anwendung der Wert von Facebook steigt, sowohl weil eben mehr Funktionalität angeboten wird, als auch und besonders weil jede Anwendung weitere und andere Vernetzungs-, Interaktions-, und Aufmerksamkeitsdaten generiert, von denen Facebook letztlich lebt (und die in ihrer vernetzten Aggregiertheit / aggregierten Vernetztheit viel wertvoller sind als der Verzicht auf eine Gewinnbeteiligung). Dadurch wird Facebook nicht nur attraktiver als andere social networks, auch die Kosten für’s etwaige Switchen werden für den bestehenden User immer grösser, je mehr und auf je vielfältigere Weise er seine Zeit investiert und je leichter er die auch wieder immer vielfältigeren Ströme seiner Freunde rezipieren kann.
Geschickter Zug. Und wer in den nächsten 3 Monaten seine Anwendung nicht auf Facebook portiert hat (wär eigentlich witzig: StudiVZ in Facebook), ist selbst schuld. Bald wird es wesentlich schwieriger sein, eine Initialverbreitung anzustossen.
Dahingedümpel
der deutschen social networks, bzgl. einiger Metriken analysiert bei deutsche-startups (das sich irgendwie zum deutschen TechCrunch mausert). Mit Ausnahme der Studi- und Schüler VZs und der Lokalisten eher tote Hose, auch institutionell gebackupte Seiten wie unddu und bloomstreet haben Trafficzahlen von (trafficmässigen) Durchschnittsblogs.
(ein hauptproblem für alle deutschen web 2.0 seiten (nicht nur social networks) ist, dass üblicherweise die phase der early adopters fehlt. von denen kann ein dienst zwar nicht leben, aber sie legen die basis von content, best practices, hacks, etc. auf der dann andere sukzessive andocken können, auch wenn sie es dabei entgeeken und umfunktionalisieren, es gibt ein organisches wachstum, es behält einen gesunden kern. das hat natürlich auch damit zu tun, dass der funktionstyp innovator (natürlich gibt’s ausnahmen, etwa spreadshirt, openbc, plazes, …) oft seine innovative inspiration bei was schon seit 12 – 24 monate gegebenem findet, was also die neugierigen und experimentierfreudigen webophilen nicht wirklich anzieht.)
Liebe deinen Preis wie dich selbst
passt eigentlich gut zum vorigen Eintrag : you decide what feels right pricing bei SvN.
(Übergang von autoritären Preisen (buy or rip and burn) zu antiautoritären/postmodernen Preisen (wir wollen mit unserer Musik ja nur die Menschen erfreuen, natürlich müssen wir auch von was leben, aber wir wollen nicht von euch bezahlt werden, weil ihr müsst, wir wollen bezahlt werden, weil ihr bezahlen wollt, aber bezahlt nicht mehr als es euch wert ist – dem Durchschnitt ist es übrigens soundsoviel wert, aber macht euch darüber keinen Kopp))
(abt. wie man’s macht ist’s falsch)
Liebe deine Werbebotschaft wie dich selbst
The Break Up – nettes Video von Microsoft Digital Advertising Solutions das allerdings sämtliche Marketingplattitüden 2.0 (die Konsumenten sind die treibende Kraft, sie haben sich verändert, es geht ihnen nun um Dialog und Beziehung – nicht um zielgruppenoptimierte Einwegbestrahlung, blabla) aufgreift, um das gleiche alte dann in etwas granularerer Form zu verkaufen:
Reach and engage with your target audience across multiple digital touchpoints—and optimize your advertising impact through our world-class partnership services…
Davon abgesehen könnte man aber nach Slavoj Zizek sagen, dass sich der Übergang von der autoritären Erziehung (du besuchst deine Oma an ihrem Geburtstag, du gehst am Sonntag in die Kirche, und damit basta) zur antiautoritären (postmodernen) Erziehung (du weisst, wie sehr sich deine Oma / Gott über deinen Besuch freuen würde und dass sie / er unendlich traurig sein würde, wenn du nicht kommst, aber fühle dich bitte nicht genötigt, komm nur, wenn du wirklich aus eigenen Stücken kommen, wenn du sie / ihn wirklich sehen willst…) ((und die natürlich wesentlich perfider ist)) im Marketing / den Kundenbeziehungen wiederholt. Die Konsumenten sollen nicht mehr einfach nur kaufen, sie sollen jetzt auch noch reden bzw. eigentlich die Firmen und Produkte sogar lieben, und auch das Marketing soll nicht einfach branden und verkaufen, sondern eigentlich auch die Konsumenten lieben.
(abt. soweit kommen wir noch)