Short Cuts Pt. 2 (Worthless Edition)
Über den (vor allem) Unsinn Rupert Murdochs Plan, seine Properties vor Google zu verstecken, wurde schon genug geschrieben, einen Punkt möchte ich aber dennoch erwähnen:
Zitat aus dem Telegraph
“The traffic which comes in from Google brings a consumer who more often than not read one article and then leaves the site. That is the least valuable of traffic to us… the economic impact [of not having content indexed by Google] is not as great as you might think. You can survive without it.”
Das mag so stimmen, die haben sicher gemessen usw., was er dabei aber völlig übersieht, ist, dass Kunden, die für einen selbst wertlos sind, für die Konkurrenz durchaus wertvoll sein können. Jeder nicht-Klick auf ein Angebot bei News Corp bedeutet per definionem einen Klick auf ein anderes Angebot.
Massenmedien haben im Web einen immensen Startvorteil. Sie nehmen ihre Reputation von aussen mit und können sie idealerweise ausbauen. Neue Anbieter beginnen bei Null, sie müssen sich ihre gesamte Reputation erarbeiten.
Paywalls führen einerseits zu einem sukzessiven Verlust der eigenen Reputation (ich würds mir anschauen, aber zahlen tu ich dafür nichts also schau ich mich woanders um) und zu einem Aufbau der Reputation anderer.
Was er auch nicht sieht, sind nicht direkt messbare Effekte. Einer der kommt und wieder geht, verschickt vl. die URL an Freunde, bloggt darüber, twittert darüber uswusf. Nicht-Sharebarkeit macht das Angebot auch für bezahlende User wertloser, weil sie es eben nicht sharen können.
(nicht unsympathisch ist übrigens das interview von zeit-geschäftsführer christian röpke mit meedia. er sucht zwar das heil in der preisstabilisierung von ads und nicht etwa in besseren sds, besseren formaten, aber er wirkt nicht unrefletkiert)
Standardsituationen
Netter Text zu den Standardsituationen der Technologiekritik [war http://www.online-merkur.de/seiten/lp200912adz.htm] von Kathrin Passig, eine Art Systematisierung der Reflexe auf Neues, zuletzt also auch auf iPhone, Twitter und Co (was natürlich auf twitter zu einem sturm an über sich selbst gerührten schulterklopfern führte; aber schaut als kleines weekend project mal nach, wann ihr aufgehört habt, twitter und hype in einem satz zu verwenden oder als dingsbums für early adopters abzutun).
(die auflistung von offensichtlichen dummheiten von anderen aus einer position des im nachhinein ist natürlich immer amüsant. was mich ein bisschen stört, ist der fokus auf die luddistischen neinsager, weil er impliziert, als hätte man es immer schon gewusst. für jeden neinsager gab es zu jedem zeitpunkt immer auch einen jasager, dessen utopien im nachhinein genauso lächerlich wirken. gerade im und um das internet lagen eigentlich alle schon immer falsch, man braucht nur an die metaphern und visionen von vor 15 jahren denken. niemand hat vor 10 jahren mit wikipedia, google oder blogs, vor fünf jahren mit facebook, youtube oder flickr, noch vor zweieinhalb jahren mit twitter und mit den damit einhergegangenen strukturveränderungen gerechnet, einfach auch deshalb, weil die meisten tools selbst reine zufälle waren, deren effekte noch nicht mal die gründer auch nur erahnten. facebook entstand, weil zuckerberg ein fauler hund war und aufgaben crowdsourcen wollte; flickr war ein abfallprodukt eines online-games; die wikipedia entstand, weil aus der eigentlich angedachten nupedia, die von experten geschrieben werden sollte, nix wurde; twitter war als sms-dienst unter freunden gedacht, den die user dann umfunktionalisiert haben und zu dem gemacht haben, was es ist. wir wissen alle nix und selbst wenn man mit einer aussage/prognose zufällig richtig liegt, dann eher deshalb, weil irgendeine aussage immer stimmt, und nicht weil man es wissen konnte.)
((was es glaub ich gibt, ist das verständnis von prinzipien, deshalb sind leute wie kevin kelly, umair haque, clay shirky, bruce sterling immer so spot-on; was uns normalsterblichen bleibt, ist die entwicklung eines mehr oder weniger feinen sensoriums für das wahrnehmen von wellen und strömungen im ozean, in dem wir alle treiben))
beckmann, jauch, schirrmacher
hab gestern, durch twitter aufgescheucht, ein paar minuten der beckmann, jauch, schirrmacher runde geschaut, die über die gefahren von computern und web für denken, bildung und volkswirtschaft sinnierten, und während es mit der beschreibung ‘ältere herren, die nichts raffen und die nicht raffen, dass sie es nicht raffen’ auch recht zutreffend beschrieben wäre, ist mir witzigerweise auch das erste mal in gewisser klarheit bewusst geworden, warum es die, die es nicht raffen, nicht raffen.
ganz pauschal gesagt sind viele dieser generation vom internet schlicht und einfach überfordert. nicht weil sie zu dumm oder zu begriffsstutzig sind, sondern weil es durch das internet einen exzess der kommunikation gibt, den sie nicht verarbeiten können, mit dem sie nichts anfangen können, den sie nicht einschätzen können.
der grund dafür ist, dass ihnen das organ fehlt, wichtiges von unwichtigem zu unterscheiden.
fast jedes vorgetragene beispiel lässt sich auf diese genuine nicht-unterscheidungsfähigkeit zurückführen, fast jedes vorgetragene problemszenario wäre keines mehr, würde man die unterscheidung treffen.
die kommen alle aus einer welt, in der alles wichtig ist bzw. in der es ein vorgefertigtes ordnungssystem für wichtiges gibt. wer jede email, jeden blogpost, jedes kommentar bei heise, jeden tweet gleich behandelt wie einen liebesbrief, eine rechnung oder einen leitartikel in der faz, der kommt im web nicht weit, weil die sicherungen nach 10 minuten durchbrennen.
das problem dabei ist, dass dann auch alle anschlussüberlegungen falsch sind, weil sie auf einer falschen prämisse basieren, und dass sie nie durch herumexperimentieren adäquat einschätzen können, für was das web gut ist und (fast noch wichtiger) für was nicht. das ist zunächst ein problem für den jeweiligen selbst, ein gesellschaftliches problem wird es allerdings, wenn das meinungsmacher oder politische einflüsterer sind, weil dadurch gesellschaftliche opportunitätskosten angehäuft werden, einerseits indem unfruchtbare praktiken weitergetragen werden, andererseits indem unfruchtbare strukturen etabliert werden. sie meinen es sicher gut, aber sie werden zu verhinderern.
(es gibt im web natürlich eine dialektik der unwichtigkeit, sprich: die grössten glücksgefühle entstehen im einen selbst überraschenden übergang von vermeintlich unwichtigem in persönlich wichtiges, vl. kann man auch lernen oder persönliche entwicklung dazu sagen, das unwichtige ist jedenfalls genauso wichtig wie das wichtige; aber die unterscheidung in wichtiges und unwichtiges muss als primäre unterscheidung zunächst einmal getroffen werden und das organ zur effizienten unterscheidungskraft muss in der folge ausgebildet werden, weil man sich nur dann nicht in dinge verzettelt und verbeisst, die eben unwichtig und also nicht verzettel- und verbeissenswert sind.)
Lists (Transformers Edition)
Hab mich, nachdem die API für die Twitter Lists jetzt dokumentiert ist, am Wochenende ein bisschen damit herumgespielt, und man kann doch einiges damit machen. Neben dem expliziten Layer (vor allem natürlich: Twitterer nach Themen sortieren) tun sich vor allem Möglichkeiten auf, einige implizite Schichten herauszuschälen bzw. zu organisieren.
Ich glaube zwar es ist wichtig, trotz aller listgegebenen Segmentierungsmöglichkeiten einen in sich intakten Hauptstrom zu behalten (sprich: nicht hunderten/tausenden zu folgen, um sie dann in listen abzuheften) – die Selektionskosten sind wertvoll, aber es gibt doch einige interessante (und am besten komplementär genossene) List-Paare. Etwa:
Filter nach Volumen
Alle Twitterer sind gleich, aber einige sind fleissiger als andere. Ich habs bei mir mal überflogen: 10% aller Tweeps (bei mir 20) erzeugen die Hälfte aller Tweets. Das ist bei anderen Accounts sicher nicht anders.
Diese Tweets können natürlich genauso super etc. sein, es stellt sich aber die Frage, ob man will, dass wenige den eigenen Strom dominieren, nur weil sie es halt tun. Immerhin verdrängen sie u.U. auch Tweets von denen, die weniger twittern.
Manchen fehlt das Gespür für einen Filter, manche sehen auch einfach nicht, dass Tweets neben dem Nutzen auch Rezeptionskosten verursachen. (Richtwert: mehr als 10.000 Tweets insgesamt, wer noch nicht lange dabei ist: mehr als 100 Tweets in der Woche).
Listen:
- volume-high für die Vieltwitterer
- volume-low für alle anderen
Filter nach Nähe
Alle Twitterer sind gleich, aber einige kennt man, oder man hat einen Bezug (liest seit Jahren das Blog etc.), und andere kennt man nicht.
Auch hier gibt es keine direkte Relation zur Superheit der Tweets (eher im gegenteil, lol), diese ergibt sich jedoch durch den Bezug. Anyway, man will eigentlich nicht, dass der Strom aller die Tweets der friends-and-relations verdrängt.
Listen:
- rabbits-friends-and-relations für die Bezugspersonen
- rabbits-wood für alle anderen
Filter nach Reziprozität
Alle Twitterer sind gleich, aber manchen folgt man, aber sie folgen einem nicht, und manche folgen einem, aber man folgt ihnen nicht, und manche folgen sich gegenseitig.
Listen:
- heroes für die, denen man folgt, die nicht zurückfolgen
- fans für die, die einem folgen, denen man nicht folgt
- reciprocal-affection für wechselseitiges Verfolge
Ich bin zwar kein Fan vom Auge ums Auge Prinzip (i.e. automatisches reziprokes unfollowen), aber es bietet sich doch an, die heroes Liste sauber zu halten, man sollte wissen warum man denen folgt. Wenn sie sie weder friends-and-relations sind, noch thematisch interessant, und dann auch noch high-volume, dann konsumieren sie Bandbreite, die man anders besser nützen könnte.
Und es bietet sich an, die reciprocal-fans Liste zu scannen, weil man Leute entdecken kann, deren Notification man verpasst hat. Wer einem folgt, muss ja eigentlich interessant sein.
Public Service Announcement
Ich habe Scripts für die Volume- und Reziprozitäts-Listen, kann sie also für beliebige Accounts generieren. Ping me, wenn ihr so eine Liste wollt.
Weiter weiter
Eine der falschen Grundannahmen ist, Entwicklung automatisch als Progression zu verstehen. Zuerst war Radio, TV und Printjournalismus, dann kamen Podcasts, Vidcasts und Blogs, dann kamen Tumblr, Microblogging und Lifestreaming, dann kam das mobile Realtime Web. Die jeweils letzte Form ist grösser, besser, weiter und löst das bisherige ab.
(in der frühphase ist das phylogenetisch zu verstehen; manchmal braucht es einen psychohygienischen reflex der abgrenzung und selbstwahrnehmung als in-crowd, wenn die anderen medienformen sich dumm stellen und über einen lachen; das macht diese selbstwahrnehmung aber nicht treffender oder schlauer)
Passender wäre zu versuchen, die verschiedenen Ausdrucksformen im jeweiligen Milieu zu verstehen und die Milieuverschiebungen zu beschreiben. Was sind ihre Produktionsbedingungen, was ihre Vernetzungsdynamiken, was ihre Rezeptionsbedingungen, wo haben sie Stärken, für was sind sie eher weniger gut geeignet. Die Ausdifferenzierung erledigt den Rest.
Formen werden seltenst völlig abgelöst. Die Zeitung und der Roman haben auch im Zeitalter von Twitter und dem Handyroman noch ihren Wert, einfach weil sie ein bestimmtes Problem gut lösen. Was sich allerdings verändert, sind die relativen Wettberwerbsvorteile gegenüber den anderen Medien.
Beispiel Blogs: eine der grossen Stärken ist die Anschlusskommunikation. Auch wenn es Feuilletonisten lieber anders sehen, besser als Gedichte schreiben oder Seminararbeiten zu verfassen oder die Demokratie zu verteidigen sind Blogs geeignet, um Themen aufzugreifen und mehr oder weniger annotiert zu diffusieren. Blogs als kommentierendes Nervensystem der News. Doch ein Ding hat sich als wesentlich effektiver für die Verbreitung von News herausgestellt: Twitter. Und auch Dienste wie Tumblr oder Posterous sind besser fürs einfache Sharen geeignet. Für die Entwicklung von Blogs ist das vielleicht gar nicht das Schlechteste, vieles macht unter den Bedingungen von Twitter und Co keinen Sinn, es bleiben aber andere Qualitäten.
Social Media
Das schöne am Begriff Social Media ist, dass er nicht falsch verstanden werden kann.
Social Media ist die eingedampfte und von jedem konzeptionellen Überbau befreite Version von Web 2.0. Web 2.0 beschrieb eine sehr spezifische Form der Ausdifferenzierung im System Web; Social Media übernimmt ein Element – es gibt Seiten mit user generated content – und verkauft einige ausgewählte Effekte dieser Tatsache als gelobtes Land. Web 2.0 hat sich für den disruptiven Wert interessiert, den spezifische neue Formationen generierten; Social Media übernimmt die entstandenen Plattformen als leeres Gefäß, macht eine quantitative Bestandsaufnahme und stellt die Frage ‘bist du schon drin?’. Die Zielgruppe von Web 2.0 waren Webmonkeys; die Zielgruppe von Social Media sind Leute und Organisationen, die vom Web keine Ahnung haben. Und während Web 2.0 immer unter der Diskrepanz zwischen dem, was es eigentlich bedeutet, und dem, wie es ankam, zu leiden hatte, liefert Social Media zwar nur wenig diskursiven Unterscheidungswert, ist deshalb aber auch kaum misszuverstehen.
Alle sind auf dem gleichen Blatt und der kognitive Overhead des Interpretationsaufwands für Aussagen fällt weg. Wenn wer von Social Media faselt, muss man als Zuhörer nicht mehr die zwangsemphatische Maschine anwerfen, die versucht zu rekonstruieren, wie derjenige gestrickt sein muss, damit er die jeweilige Aussage treffen kann.
Das bedeutet natürlich nicht, dass Social Media völlig sinnlos ist. Die Sphären Web und Nichtweb haben Synchronisierungsbedarf und Social Media ist verständlich und kann vermitteln, während sich Web 2.0 retrospektiv als völlig unverständlich und unvermittelbar erwiesen hat. Das bedeutet aber natürlich auch nicht, dass die auf Basis von Social Media getriggerte Anschlusskommunikation deshalb fruchtbarer ist, ganz im Gegenteil. Begrifflichkeiten helfen bei systemischen Ausdifferenzierungen und schwächere Begriffe machen bestimmte Phänomene nicht greifbar und triggern bestimmte Entwicklungen nicht (siehe dazu exciting commerce).
(es entbehrt ja nicht einer gewissen ironie, dass die deutsche verdünnung von web 2.0 zum mitmachweb schon 2006 social media mehr oder weniger vorweggenommen hat und also der welt zwei jahre voraus war. der einzige unterschied ist, dass der deutsche blick damals vornehmlich aus dem (wenig fruchtbaren) blickwinkel des andere-arbeiten-lassen getroffen wurde, social media aber den (fruchtbareren) blickwinkel der konversation einnimmt. das mantra konversation ist natürlich noch viel problematischer als social media, aber das ist eine andere geschichte)
Lauwarme Cervisia
Twitter redesignt die Startseite und switcht den eigenen Daseinsgrund von der Frage ‘What are you doing?’ zur Aufforderung ‘Share and discover what’s happening right now, anywhere in the world’.
Ich glaub zwar nicht, dass ihnen das gross weh tun wird, aber es verwandelt Twitter von einem eiskalten Medium – die Sinnstiftung musste von jedem selbst vorgenommen werden, was in der Folge aber eine umso stärkere Binding bewirkte; das Erkennen des Mehrwerts von Twitter war ja fast mit dem Spiegelstadium vergleichbar, also dem Moment, in dem sich ein Kind von aussen als sich selbst erkennt – in ein lauwarmes.
->
Symptomatisch ist auch der Übergang des Vogels, weg vom minimalistischen Modernismus hin zum kitschigen Infantilismus.
Das Bündel
Andreas Göldi ist manchmal irgendwie echt ein Anti-Haque, dachte ich in meinem Ohrensessel, als ich Smart Bundling: Was die Medienkonzerne von Microsoft lernen können las.
(nach einem crashkurs in preisdifferenzierung empfiehlt er medienkonzernen das schnüren von attraktiveren bündeln für ihre angebote; ich glaub zwar, dass das in einigen bereichen eine inkrementelle verbesserung der situation bewirken könnte, aber der ansatz an sich ist zum scheitern verurteilt, weil er sich gegen die logik des web sperrt. bündeln (die organisation aller prozesse die am ende eine zeitung, die man dann verkaufen kann, ausspucken etc.) ist ja genau die kernkompetenz der traditionellen medienkonzerne, die dann vom web untergraben wurde. das unbundling und dekonstruieren von allem in seine atomaren einzelteile mit anschliessendem, eigenen gesetzen folgenden rebundling und rekonstruieren in neue formationen und rekombinationen (memetracker, smart aggregators, usw.) ist genau die kraft, gegen die kein kontrollkraut gewachsen ist. ein ein bisschen smarteres bundlen bringt da nix, sie müssten sich eher überlegen, wie sie ihre produkte besser mit der funktionslogik des web verknüpfen. aber genau das erfordert eine moral/dna, die sie wie den beelzebub meiden, weil sie nicht mehr ausschliesslich auf sich und die sicherung ihrer interessen denken dürften. je mehr sie aber mauern, desto effizienter werden die antikörper in form von google, twitter und co.)
Friendleizer
Robert Scoble (FriendFeeds Jubelperser Nr. 1) sinniert über die Pros und Cons von FriendFeed.
(bei den pros hat er weitgehend recht, bei den cons hat er ein paar gute punkte; das problem von friendfeed ist aber, glaub ich, dass die praktiken der vordenker und -macher genuin inkompatibel mit den erfahrungen normaler user sind, dass sich gleichzeitig aber kein diskurs über den jedem zugänglichen nutzen von friendfeed formiert; im gegensatz zur instant gratification bei twitter ist friendfeed ganz zwangsweise frustrierend für alle, die nur nach den von scoble, louis gray oder steve rubel vor das maul gehängte karotten ‘aufmerksamkeit’, ‘konversation’ und ‘traffic’ schielen; die stellt sich nicht nur nicht automagisch ein, die finden bei 99,91% auch bei einigem engagement schlicht nicht statt; über das was bei friendfeed verallgemeinbar super ist – und friendfeed ist tatsächlich ein geniales tool mit vielen facetten – wird wenig gesprochen, auch die macher von friendfeed schielen eher auf die karotten als motivatoren, eine art organische entwicklung der userbasis findet deshalb also nicht statt.)
Geologie
nettes Diagramm zur Geologie der Medien von baekdal
(via rubel der mit seiner ankündigung sich fortan dem lifestream zu widmen und sein blog blog sein zu lassen einiges an sinnstiftungssuche ausgelöst hat, etwa #1 oder #2 oder #3 oder #4 oder #5 und viele mehr)
((anders als andere solche debatten und sinnsuchen ist diese gar nicht so uninteressant, der übergang von der formation blog mit den damit verbundenen produktions-, distributions- und rezeptionshaushalten zur formation stream mit den gänzlich anderen produktions-, distributions- und rezeptionshaushalten ist derzeit die primäre verschiebung; sie leidet aber darunter, dass die achse ganz altbacken in einem vermeintlichen vorne und/oder weiter und nicht im jeweiligen wert gesucht wird. den ersten begriff, den man kicken müsste, ist der early adopter, der ist im web sinnlos, weil damit weder kosten noch eine individuelle leistung verbunden ist))
The Paradox of the Opera
Opera hat gestern (mit viel trara) die neue Version inkl. Opera Unite vorgestellt. (“Opera Unite reinvents the Web”, “Cloud computing and Web-based applications will never be the same”)
Auf den ersten Blick wirkt es ganz interessant, der Browser wird selbst zu einem Webserver, Filesharing-Dienst, Chatroom, Media-Streamer usw.
Factory Joe hat einige Aspekte dabei schön kritisiert (warum ist es nicht open source, warum unterstützen sie nicht openid, oh, die daten werden durch operas proprietäre proxys getunnelt und sind also nicht properly dezentralisiert, usw.), aber das eigentliche Problem von Opera Unite ist ein anderes:
Nur Geeks wollen die Möglichkeiten, aber es ist so realisiert, wie es nur Dummies wollten. (Dummies natürlich als komplementäres Kosewort)
Eine schlechte gute Idee sozusagen, flocked und anti-ninged zugleich. Für einige Anwendungsfälle ist es trotzdem sicherlich nützlich, und wer weiss, vl. baut auch jemand mit dem Framework nette Dinge, die nicht schon gelöst sind. Der eigene Anspruch jedoch ist aber wohl heisse Luft.
Barbarians At The Gates
How the Other Half Writes: In Defense of Twitter via That’s not writing, it’s typing.
Imagine a world where everyone uses typewriters: they write novels, manifestos, historical surveys, and so on, but they do it all using typewriters.
Now the ball-point pen comes along. People use it to write down grocery lists and street addresses and recipes and love notes. What is this awful new technology? the literary users of typewriters say. Ball-point pens are the death of humanism.
(usw. sehr schöner text)
((es gibt hinter dem ganzen dumpfbackendiskurs drei grundprobleme: (a) eine haltung der bringschuld. ein ding hat sich einem gefälligst zu erklären, bevor man auch nur daran denkt, sich damit auseinanderzusetzen. im web erklärt sich einem aber nix. (b) erwartungshaltungen. irgendwas soll so sein oder darf so nicht sein. die erwartungshaltungen sind aber üblicherweise dämlich, entweder übertrieben euphorisch oder kurzsichtig. © logische non sequiturs. es werden falsche verallgemeinerungen gezogen oder dinge verglichen, die nichts miteinander zu tun haben.))
(((besser fährt man also mit: (a) einer gesunden neugierde den tools gegenüber. es gibt einen möglichkeitsraum, den man mit grossem persönlichen gewinn erschliessen kann. oder halt nicht. (b) das web als milieu verstehen und sich anschauen, was los ist. das ist fast immer spannender, als das, was los sein sollte. © logik.)))
The Irony of Short
schon länger kein Godin …
Blogs have eliminated the reason for most business books to exist. If you can say it in three blog posts and reach more people, then waiting a year and putting in all that effort seems sort of pointless.
…
This is irony (we say we want long and deep and rich but we also insist that it be condensed to a sentence) so it’s not clear what you should do about it as a marketer, other than to accept that it’s going on.
Blogs, books and the irony of short
(könnte man natürlich auf für die beziehung blogs/twitter paraphrasieren)
((ganz stimmts wohl nicht, bzw. es stimmt verhaltenstechnisch, aber auf dem weg gehen zwei aspekte verloren; pseudolacanisch: psychologisch kommt es zu einer auflösung des meistersignifikanten, und topologisch kommt es zu einer auflösung (oder zumindest umverknüpfung) der borromäischen knoten, was uns unterm strich effizienter, aber gleichzeitig auch gestörter zurücklässt))
Aus dem Leben eines Stubentweets
Die typische Lebenszeit eines Tweets beträgt fünf Minuten, hat Fuel Interactive herausgefunden (via).
(gefühlsmässig kann ich mir schon verstellen, dass das stimmt. aber nur in einem sehr bestimmten twitterer-segment, und zwar dem durch anzahl an followers getriebenen, also CEOs, SMOs, marketing hansel etc. primäre strategie dabei ist üblicherweise, möglichst vielen zu folgen, damit sie zurückfolgen. lesen kann man das alles natürlich nicht mehr, aber man will ja eh nur die follower und nicht deren output. asymptotischer endpunkt dieses twitter subsets sind accounts mit tausenden von followers und followees, die sich aber alle gegenseitig nicht lesen, weil das halt alle so machen.)
Die Socialmediologie der Werbung
Lesenswerte Seminararbeit zum Thema Das Komplexitätsproblem von Social-Media-Marketing von Andreas Göldi.
(kleine anmerkung: das problem, das vom hierarchischen modell geprägte unternehmen/agenturen haben, ist weniger ein komplexitätsproblem, als ein dispositionsproblem. und das ist ihr eigentliches problem. komplexität ist in den griff zu bekommen, aber die eigene einstellung … nicht so sehr. die einstellung ist natürlich: wie krieg ich meine message möglichst effizient, zielgruppenoptimiert, etc. an möglichst viele raus? es ist schon fast skurril zu beobachten, mit welcher geilheit auf alles aufgesprungen wird, was im sozialen kontext streukraft verspricht, ohne auch nur im ansatz zu versuchen, die ökosystemischen konsequenzen auch nur anzudenken. bestes beispiel facebook connect, phantastisch, da werden unsere ergüsse auch noch in den social graph zurückgespiegelt, yay. die einstellung sollte aber ganz einfach sein: wie erzeuge ich wert? nur ist das eine undenkbarkeit.)
Asymmetric Core
James Governor über asymmetrisches Followen als core Web 2.0 Pattern.
But Twitter wasn’t designed for whales. It was designed for small shoals of fish. Which brings us to one of the big issues with Asymmetrical Follow – it introduces unexpected scaling problems. … The technical approach that is most appropriate to support Asymmetrical Follow is well known in the world of high scale enterprise messaging- its called Publish And Subscribe.
(dann so anschlussüberlegungen wie, wenn leute 20.000 follower haben, ist twitter dann nicht eher broadcasting und weniger konversation, und ist das dann nicht ungerecht? oh nicht doch, das ist eben das asymmetrische core pattern, wo halt ein paar knoten mehr verbindungen haben als andere, aber über replies etc. kommt der dialog auch nicht zu kurz, zwanghaft reziproke liebe ist doch doof etc.)
((das problem mit der persönlichen und/oder sozialen skalierbarkeit von twitter scheint mir aber eher die mehrdimensionale matrix an asymmetrischen motivationen und verhaltensweisen zu sein (die gang, die traube, die cloud), die sich schlecht bis gar nicht auf verallgemeinbare follow/-ing patterns abbilden lässt, wobei es natürlich bündel gibt, die problemlos funktionieren. aber es gibt auch bündel, die weniger gut funktionieren. die einfache antwort auf bündel, die in keinem infoökonomisch ausgewogenen gleichgewicht sind (die schmerzgrenze dafür variiert natürlich, hängt übrigens auch nicht mit irgendwelchen followers/-ings counts zusammen, weil 500 oder 10.000 leuten zu folgen ja nicht bedingt, dass man die auch liest etc.) heisst natürlich: nur denen folgen, die einen wirklich interessieren, die interessante, wertvolle tweets posten, blablabla, die noise maker unfollowen, usw. aber die schwierigeren (nicht im sinne von schwieriger zu denken oder auszudenken, sondern im sinne von aufwendiger im trial und error prozess des herumjustierens an schrauben, die mehr oder weniger info-dampf zulassen) antworten sind doch etwas spannender.))
Social MC's: Connected
I’m gonna get myself connected, …
Ganz witzig: Immer wenn Facebook irgendwas mit ‘connect’ macht, dann zieht Google innerhalb von Stunden nach. Im Mai hat Facebook Facebook Connect angekündigt (siehe Facebook Availability), Google zog noch am gleichen Tag mit Friend Connect nach (siehe Google Availability); vor 4 Tagen haben sie Facebook Connects Start angedeutet (seit heute ist es für jedermann zugänglich), und seit 3 Tagen trudelten bei den Blogs, die sich in die Warteliste für Friend Connect eingetragen haben, die Aktivierungen ein (und wurde auch heute allgemein zugänglich).
Mein derzeitiges (ich hab nur die Docs überflogen) Verständnis in jeweils einem Satz:
Facebook Connect bringt Facebook – bzw. den in Facebook schlummernden sozialen Graph – auf Seiten.
Friend Connect ermöglicht es, soziale Features – in Form von Widgets – auf Seiten zu pappen.
Beide zu vergleichen (nicht: beide jeweils zu beschreiben, in ihrer wirkmächtigkeit zu analysieren, etc., das bringt schon was) bringt fast nichts, es sind völlig verschiedene soziale Dimensionen, die ausser einem ‘irgendwie sozial’ und einem ‘man baut es auf der eigenen Seite ein’ nichts gemeinsam haben. Im einen Fall bekommt man einen Verstärker für ein bestehendes soziales Angebot, im anderen Fall bekommt man ein wachsendes Sammelsurium an (durchaus coolen) Features als add-ons.
(abt. unendliche geschichte)
(subabt. unvermittelte enden)
Die Finger verbranding
mrtopf mit einem sehr schönen Text zu openID: The OpenID Branding problem
(der grösste fehler von openID war imho, dass zu früh vom grassroots/geek-modus – eine technische lösung für ein tatsächliches problem von einigen – in den bwl-modus umgestellt wurde, der sich dann eher an wachstumsraten und marktanteilen orientierte. es wäre besser gewesen es langsam und am tatsächlichen bedarf angepasst wachsen zu lassen, in einer koevolution zwischen providern, tools die es unterstützen und darüber aufklären, und usern die das problem viele logins haben und es aus eigeninteresse verstehen wollen, und nicht so schnell wie möglich so grosse wie möglich ins boot zu holen, nur um sagen zu können es gibt 1,3 milliarden (hausnummer) openids, yay, mit dem derzeit bestehenden usability horror und der forcierung von partikularinteressen, wo wirklich kaum noch durchzublicken ist warum wann was wie und mit der damit verbunden abwendung von den ursprünglich damit verbunden vorteilen.)
Die Pownce Lektion: data exportability
Pownce zieht den Stecker, das hat mittlerweile die Runde gemacht und einige Deutungsversuche getriggert.
Im Nachhinein ist man immer schlauer, mein best take für den Hauptfehler ist, dass sich Pownce zu sehr als besseres Twitter verkleidet hat, während es etwas ganz anderes sein wollte. Die Selbstbeschreibung ging ja immer in Richtung Tool zum Austausch von Dateien unter Freunden. Durch die optische Anlehnung an Twitter haben sie aufs falsche Pferd gesetzt. Sie hätten nichts dagegen gehabt, wenn die Micro-Blogging Community zu ihnen migriert wäre, eigentlich haben sie es darauf angelegt, aber Twitter ist davon gallopiert. Der eigene Wertvorschlag wurde dadurch aber zu wenig herausgearbeitet und niemandem deutlich, das Ende ist also eher konsequent.
Die Lektion die man aber als User aus diesem Exit ziehen kann (natürlich nicht nur aus diesem, auch aus vielen anderen, siehe etwa den Aufkauf von Rael Dornfest von Twitter, der auch mit dem im Grunde unnötigen Ende von stikkit und iwantsandy einherging) ist, dass man verdammt aufpassen muss, in welche Körbe man seine Eier legt. Mit jedem Dienst der verschwindet, verschwinden oft auch alle dort geposteten Daten, das aufgebaute Beziehungsnetzwerk, das mühsam erworbene symbolische bzw. soziale Kapital.
Das ist nix neues, aber die Radikalität mit der eigentlich auch funktionierende Dienste einfach zugemacht werden, scheint zuzunehmen.
Problem fürs Ökosystem Webanwendungen dabei: Die etablierten Dienste werden begünstigt, kleinere Dienste haben es noch schwerer. Ich mag z.B. Mento [war http://www.mento.info/], aber es ist riskant, es als primären Bookmarking-Dienst zu verwenden. Hat der Entwickler eine schlechte Woche und verliert die Motivation, kann es sehr schnell auch wieder weg sein. Mit dem grossartigen Stikipad ist mir das etwa so ergangen, das war auch ohne Vorankündigung plötzlich weg.
Ansätze wie data portability zielen darauf ab, helfen aber auf absehbare Zeit noch nicht weiter. Worauf man schon jetzt als User zumindest achten kann (und sollte) ist data exportability. Tools, in die man ein signifikantes Mass an Energie investiert, sollten zumindest die Möglichkeit bieten, die Daten auch wieder rauszulassen. Idealerweise automatisierbar via einer API.
Ungebloggt soll man nicht schlafen gehen
Kleine Notiz am Rande: Mir fällt schon seit einiger Zeit auf, dass die blogosphärische Resonanz auf neue Tools am Abnehmen ist.
Ich hab jetzt gestern einmal an die hundert Links zu Betas fürs MoMB, die sich in den letzten Wochen angesammelt haben, weil ich sie nicht sofort gepostet hab, en block prozessiert und interessehalber auf Technorati die Reaktionen gegengecheckt.
Breit diskutiert wurden die wenigsten, und da kann man jetzt sicher sagen, na gut, wer soll denn über die zehntausendste Permutation von einem durchgekauten Prinzip noch gross was schreiben, aber auffallend war dabei besonders, dass auch Tools, die auf allen Grossblogs (TechCrunch, RWW, Mashable, VentureBeat, Webware) und bekannteren Listblogs (KillerStartus, eHub, …) die Runde gemacht haben, dann auf 40, manchmal 100 Gesamtreaktionen gekommen sind, wobei man da dann oft die Zahl von eigentlichen Reaktionen auch gleich wieder halbieren kann, weil die Einträge dann oft von irgendwelchen Reblogs noch 10x wiederholt werden.
Jedenfalls geht die Anschlusskommunikation in 9 von 10 Fällen wirklich gegen Null, und zwar nicht nur bei überflüssigen Tools, sondern auch bei nicht so schlechten und teilweise auch bei völlig netten. Es gibt keine Blogger mehr, die jenseits einer Verkündung neue Tools ausprobieren, mit ihnen herumspielen, und dann darüber schreiben.
Ein Faktor ist sicher, dass sich die Kommunikation / die Berichterstattung von gerade entdeckt’s in Richtung Twitter oder FriendFeed verschoben hat, und das ist auch völlig ok so. Ob man 10x liest blabla ist gestartet, oder 200x ist tatsächlich wurschtegal. Ich glaub nicht, dass Twitter & Co. deshalb und dadurch eine Verdünnung des Diskures fördern. (ein kleines problem, bzw. kein problem, aber eine verschiebung der milieus, hier ist, dass microblogging / lifestreaming keinen diachronen wert hat; was nicht sofort aufgegriffen wird ist eine stunde später in die unauffindbarkeit weitergespült.)
Doch die völlige Nichtvorhandenheit von Blogs, die spielerisch, kreativ, wenn man will auch kritisch neue Tools beschreiben (und die nicht nur den launch, alle fundings und ggf. den deadpool vermelden), wie es sie 2005 / 2006 doch noch in stattlicher Anzahl gegeben hat, ist ein echtes Problem, weil sich der diskursive Wert in einer Spirale nach unten bewegt.
Meine Hypothese ist, dass Blogs ursprünglich einen grossen Teil ihrer Kraft als Gegenentwurf zu den MSM bezogen haben, der sich dann tatsächlich auch in einer Ausdruckskraft wiedergespiegelt hat, dass Blogs aber (noch) kein Mittel gegen die daran anschliessende Ausdifferenzierung und die einsetzenden Power Laws der Blogosphäre gefunden haben, die in einer negativen Auslese mehr und mehr die Blogs mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner begünstigt hat, was die zugrundeliegenden Ökonomien destabilisierte. Was auch egal wäre, wenn nicht dadurch die kollektiven Selektionsmechanismen verdummen würden, was den verblödenden Trend nochmal verstärkt.
(abt. offene loops)