Social Contracts Pt. 94
ich bin euch ja noch (meine) antwort auf quiz 94 schuldig, die da wäre, dass beide argumentationslinien den umstand übersehen, dass die cc-lizenz neben der literalen bedeutung auch noch eine dimension der (unausgesprochenen aber als bekannt vorausgesetzten) sozialen erwartungshaltung hat.
die konkreten sozialen erwartungshaltungen sind von fall zu fall verschieden und müssen also jeweils konkret bestimmt und berücksichtigt werden, aber cc-lizenzen sind üblicherweise eine einladung zur ‘benutzung’ aber nicht zur ‘ausnutzung’.
(soziale erwartungshaltungen drücken sich insgesamt oft durch ein doppeltes ‘so tun als ob’ aus. zb.: wenn ein neffe mit seinem onkel essen geht, dann tut er wenn die rechnung kommt so, als ob er nach seiner geldbörse greifen würde, und der onkel winkt ab, weil es natürlich auf ihn geht. beides gehört aber notwendigerweise zum ‘ereignis’ dazu. grosse teile des humors von ‘curb your enthusiasm’ basieren darauf, die literalen bedeutungen zugunsten dieser sozialen erwartungshaltungen zu substituieren, was die situation auf dem papier schlüssig aber ingesamt eben katastrophal macht.)
im fall flickr ist diese motivation der cc-linzenz vermutlich, dass man das allgemeine strömen von fotos zulassen will (also etwa das persönlich ausgewählte einbinden von fotos auf einem blogpost, als illustration in der wikipedia oder einer präsentation, gerne auch das integrieren in einem prospekt oder einer kommerziellen publikation, uvm.) und dabei durchaus auch kleinere egoismen in kauf nimmt, um die allgemeine und angemessene strombildung nicht insgesamt zu verhindern. genau dieser aspekt scheint mir überhaupt die zentrale funktion von cc zu sein: es geht um das zulassen von strömen auch unter möglichkeit der parasitären bunutzung, weil die verhinderung jeder möglichen ausnutzung selbst die verunmöglichung der strombildung selbst bedingen würde.
und das funktioniert üblicherweise reibungslos, weil die missbräuchlichen anwendungsfälle selbst öfter als nicht schlimmstenfalls eben nur lästige fliegen sind, mit denen man halt leben muss. wenn ein einzelner eines meiner fotos auf ein t-shirt drucken und verkaufen will, good luck und whatshallyado. genau das ändert sich aber, wenn die plattform selbst die grenzen übertritt. dann handelt es sich nämlich nicht mehr um die fliege, die man halt in kauf nimmt, sondern um die verletzung der sozialen erwartungshaltung auf struktureller ebene. der missbrauch wird nicht länger als vernachlässigbare rahmenbedingung in kauf genommen, der missbrauch wird gwm. strukturell ins system eingebaut.
die dummheit von yahoo besteht also nicht in der ‘ausbeutung’ der lizenzen, die die user ihren fotos verpasst haben, die rechtlich natürlich zulässig und auch nicht schlimmer als jede mögliche intervention von dritten ist, die sich in diesem sinne auf der plattform bedienen würden; die dummheit besteht darin, nicht zu verstehen, dass die erlaubnis des gebrauchs die erwartungshaltung der vermeidung eines missbrauchs beinhaltet, den man in ‘pathologischen’ fällen ignoriert, um das system am laufen zu halten, der aber nicht selbst in das system hineingebaut werden darf.
kommentare
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