Selection 2017
Nützliche Unterscheidungen pt. 43 (The Problematic Edition)
Eine weitere zumindest pragmatisch nützliche Unterscheidung ist die Frage ob etwas ein Problem ist oder ein Umstand.
(frei nach clay shirky, der einmal ich glaube issak rubin den ausspruch if you have the same problem for a long time, maybe it’s not a problem, maybe it’s a fact
zugeschrieben hat)
Die Unterscheidung Problem/Umstand ist als Unterscheidung funktional deshalb interessant, weil sie gwm. nur auf der Ebene der Bewertung wirksam ist, die Beschreibung des jeweiligen Phänomens ist üblicherweise die gleiche und der Unterschied ist der Sache gwm. inhärent. Oder anders gesagt: man erkennt erst an der Bewertung (oder Betonung), ob der Unterschied gesehen wird oder nicht.
Gleichzeitig ist es oft so, dass die falsche Bewertung eines Umstands als Problem die in der Folge angedachten ‘Lösungen’ dann selbst erst an anderer Stelle Probleme erzeugen, weil man Umstände eben nicht lösen kann, sondern man mit ihnen leben/herumleben muss.
(es liegt glaub ich die vermutung nicht fern, dass mehr oder weniger die gesamte europäische und besonders natürlich die deutsche mediale hysterie und der dadurch getriggerte politische (re-)aktionismus bezüglich dem web/technologie nichts anderes ist als lösungen für fälschlicherweise als problem verstandene umstände, die dann auf der falschen ebene behandelt werden sollen; so betrachtet erklären sich phänomene wie oettinger, das leistungsschutzrecht, das recht auf vergessen, das netzwerkdurchsuchungsgesetz usw. fast von selbst)
(abt: draw the distinction!)
Google Cloudbag
kl. nachtrag zu 841036605653692416 und eher eine nts, aber die google cloud next 2017 (eine playlist mit allen vorträgen liegt hier, die keynotes hier und hier ) ist dann doch etwas erschreckend, weil es die auf absehbare zeit geltende synthese von google darstellt und sich google gwm. als corporate douche bag selbst gefunden hat (these war ihre pragmatisch-geniale algorithmik bei der suche und adsense; antithese ihre grössenwahnsinnige debilität bei allem anderen und besonders allem sozialen). es ist wirklich so eines dieser dinge, die man so nicht vorhersehen kann, die dann retrospektiv aber auch nicht gänzlich überraschen, die aber doch ein echter schock sind, wenn man sich nach zwei, drei jahren das erste mal wiedersieht.
wenn man so will sehen wir das symptom davon, dass sie nie eine bewältigungsstrategie für ihre flops, facepalms und fails gefunden haben, und dann zunehmend nur noch das selektiert und verstärkt haben, was ihnen den damit verbundenen makel und die immer tiefer verdrängte scham nicht verursacht, was halt die corporate douchebagery wurde, weil dieser bereich selbst so lange affirmativ wirkt, solange man sich an die regeln hält und sich mit den etablierten ritualen, sprachformen, habitus, etc. identifiziert. das traurige dabei ist, dass für google leicht auch eine andere, utopischere synthese möglich gewesen wäre, wenn sie nur ein eitzerl mehr demut und weniger grössenwahn aufbringen hätten können, weil sie dann auch irritationen aus der umwelt in ihre feedbackloops einbauen hätten können und dadurch ihre selbstwahrnehmung verbessern.
die meisten ihrer fails waren ja nicht deshalb fails, weil die idee selbst schon idiotisch war (wobei es die auch gab), die meisten fails wurden deshalb fails, weil google als system einen hermetischen grad an operativer geschlossenheit entwickelt und die umwelt nur über extrem limitierte selektionen angeschlossen hat, das aber in bereichen, wo der gesamte wert der anwendung oder plattform darin besteht, die umwelt möglichst differenziert wahrzunehmen und sich in dialektik damit zu entwickeln.
(was google übrigens intern nie entwickeln konnte ist sinn, aber das ist ein anderes thema)
gelandet sind sie jetzt jedenfalls in einem sicheren hafen als infrastrukturprovider einer cloud für fortune 500 companies mit allen rahmenbedingungen, die vor allem hierarchisch tiefe it-strukturen mit faible für salesmen und integrationsberater ansprechen und also irgendwie dort, wo man vor 10 jahren vl. noch microsoft vermutet hätte, die lustigerweise bei einem, ich sag mal, hipperen und teilweise auch deutlich offeneren portfolio gelandet sind. traurig hier besonders auch, dass man sie irgendwie noch nie so glücklich und in ihrem element gesehen hat.
(nur als oberflächlicher eindruck, die unterschiede der clouds von amazon, google und microsoft müsste man sich ohnehin irgendwann mal genauer anschauen, nicht nur was die produkte, features und preise betrifft, sondern auch die ideologischen grundannahmen, den grad der freiheiten usw.)